Mobilität, Politik

Zurück in die Vergangenheit – Auto in der City über alles!

Ob neue Verkehrskonzepte für Hannover oder die Autopolitik der FDP, man fühlt sich wie in einem schlechten Film aus den 80er-Jahren. Alle Fortschritte in Sachen Verkehrswende für eine lebenswerte Stadt sollen jetzt wieder planiert werden.

Schild Fahrradstraße

Fahrradstraßen in der Südstadt – Ebenfalls ein Schritt zurück bei der Verkehrswende

Freies Parken schon ab 18:00 Uhr oder gar eine Parkflatrate für ganz Deutschland. Ein Land beziehungsweise ein paar Parteien schwimmen gegen den Strom. Allen voran die FDP, die mit ihrem Pro-Autofahrerplan komplett am Zeitgeist scheitert. Vor allem wenn man noch die Aussagen zum Thema Deutschlandticket im Ohr hat. Da sprach Christian Lindener von einer Gratismentalität von der er nichts hält.

Andere Länder und Städte machen es vor wie man eine Stadt vom überbordenden Kfz-Verkehr entlasten kann. Egal ob Kopenhagen, Amsterdam, Paris oder London, die Konzepte sind vielfältig und in die Zukunft gerichtet. Hier in Deutschland und damit auch in Hannover soll alles Erreichte jetzt wieder umgestoßen werden und das vorsintflutliche Konzept der autogerechten Stadt neu belebt werden.

Beispiele aus den Nachbarländern

Ljubljana

Kopenhagen

Am Beispiel der dänischen Hauptstadt zeigt sich, dass der Weg zu einer nachhaltigen Stadt mit hoher Lebensqualität über die Verkehrspolitik bzw. Planung für eine fahrradgerechte Stadt führt.

London

Die britische Hauptstadt gilt mit ihrer umstrittenen Verkehrspolitik als weltweit führend im Klimaschutz. Sadiq Khan ist deshalb bei vielen Autofahrern unbeliebt. Seine dritte Bürgermeisterwahl gewann Khan am 2. Mai 2024 mit über 1.088.000 Stimmen (43,8 %) gegen Susan Hall von den Conservatives, die knapp 813.000 Stimmen (32,7 %) erhielt.

Das Asphaltwüsten mit Parkplätzen uns dahin gebracht haben, wo wir jetzt stehen, sollte jedem klar sein. Mit mehr Autoverkehr in den Innenstädten werden keine neuen Geschäfte kommen. Die Aufenthaltsqualität wird schlechter statt besser. Der ADFC spricht in dem Zusammenhang von einer Bankrotterklärung und nicht einer modernen Verkehrspolitik.

Auch wenn die Umfragen der HAZ im Netz nicht als repräsentativ gelten können, ist daraus trotzdem eine Tendenz zu sehen.

Die Fragestellung zum Thema war: SPD, CDU und FDP haben sich auf ein sehr autofreundliches City-Konzept verständigt – und im Rat eine Mehrheit dafür. Wie sehen Sie das?

Stand 14.08.2024 wurden 5443 Stimmen abgegeben.

  • 28,3 % – Gut so. Endlich ist Schluss mit der Anti-Auto-Politik der Grünen.
  • 57,7 % – Das ist ein Rückschritt. Die Mobilitätswende als Notwendigkeit der Klimapolitik wird ignoriert.
  • 14,1 % – Dahinter steckt doch nur ein Machtpoker – das nervt.

Was heißt das Konkret für die City von Hannover?

Ziel des Plans ist eine Belebung der Innenstadt. Nach dem Konzept von CDU, SPD und FDP soll es für den Autoverkehr kaum Einschränkungen geben. Einzig der Bereich Osterstraße/Karmarschstraße zwischen der Windmühlenstraße und der Schmiedestraße soll zur Fußgängerzone gemacht werden.

Opernplatz

Der Opernplatz soll zum Strahlen gebracht werden. In Zusammenarbeit mit der lokalen Gastronomie, der kommunalen Wirtschaftsförderung, kulturellen Einrichtungen, dem Nachtrat und weiteren Akteuren wird der Opernplatz ganzjährig zum Erlebnisort mit gastronomischen und kulturellen Angeboten weiterentwickelt. Auf dem Platz entstehen umfangreiche Begrünungen und Sitzgelegenheiten. Hierfür wird die Georgstraße, im Abschnitt zwischen Ständehausstraße und An der Börse ebenfalls zur Fußgängerzone.

Parken in der City von Hannover

Parkgebühren auf oberirdischen öffentlichen Stellplätzen werden montags bis samstags künftig nur noch bis 18.00 Uhr erhoben, um den Einzelhandel und die Gastronomie in den Abendstunden zu beleben. Natürlich bleiben auch alle 4.000 oberirdischen Parkplätze erhalten. Auch auf dem Köbelinger Markt bleiben 60% der vorhandenen Pkw-Stellplätze dauerhaft erhalten. Die Karmarschstraße wird im Bereich vor der Markthalle auf eine Pkw-Fahrspur je Fahrtrichtung reduziert. Der frei werdende Straßenraum wird für Stellflächen in Form von schräg angeordneten Parktaschen genutzt. Es wird also zusätzlicher Parkraum geschaffen und gleichzeitig mehr Stadtgrün implementiert, denn nach jedem dritten Stellplatz soll Stadtgrün in der Breite eines Stellplatzes geschaffen werden. Also wird, was auf dem Köbelinger Markt entfällt, dafür auf der Karmarschstraße wieder mit Blech zugestellt. Wie das aussehen würde hat Daniel Gardemin von den Grünen visualisiert. Die Straße wurde übrigens vor nicht allzu langer Zeit erst gründlich saniert und umgebaut. Als weitere Zukunftsvision ist ein Parkhaus unter dem Leibnizufer aufgeführt. Es sollen also sogar noch mehr Parkplätze geschaffen werden als ohnehin schon vorhanden sind. Der Südschnellweg lässt grüßen, immer mehr Flächen für des Deutschen liebstes Kind.

Basismobilität First

Der Fußverkehr genießt als Basismobilitätsart oberste Priorität vor allen anderen Verkehrsarten. In der Innenstadt wird zukünftig auf die strikte Trennung von Fuß- und Radverkehrsräumen und –wegen geachtet. Das Befahren der Fußgängerzone mit Rädern und Rollern außerhalb der freigegebenen Zeiten wird vom städtischen Ordnungsdienst konsequent geahndet. Solange es keine sinnvolle Querung der Innenstadt mit dem Fahrrad gibt wieder ein Rückschritt für den Radverkehr. Das die Basismobilität doch nicht oberste Priorität genießt, liest man gleich ein paar Absätze weiter. Das halbseitige Parken auf dem Gehwegrand wird in den Bereichen, in denen es gegenwärtig gestattet ist, beibehalten, sofern auf dem Gehweg noch ausreichend Platz für Rollatoren, Kinderwagen o.ä. verbleibt.

Sicherheit in der Innenstadt

Nächstes Thema Sicherheit. Mehr Beleuchtung, mehr Reinigung und mehr Ordnungskräfte. Videoüberwachung natürlich auch. All das ist gern gesehen in konservativen Kreisen um das Sicherheitsgefühl zu erhöhen. Dabei geht es ausschließlich um das Gefühl, denn wirklich unsicher ist Hannover keineswegs. Zumindest nicht am Tag und nicht mehr oder weniger wie jede andere Stadt auch.

Konkrete Verbesserungen für eine Belebung der City

Zwischendurch allerlei Kosmetik die schon überall ausprobiert wurde, aber keine wirkliche Verbesserung brachte. Veranstaltungen, Popup Stores, Trinkwasserbrunnen, weitere Car-Sharing Anbieter, mehr Sitzbänke und vieles mehr. Alles sehr schwammig und wenig greifbar. Zumal die reale Politik auch eine andere Sprache spricht. Das Veranstaltungsbudget der Stadt wurde mit den Stimmen der CDU, SPD und FDP im Juni weiter gekürzt. Auch eine Mischnutzung von Kultur und Gewerbe ist angesichts der Mietpreise in den Innenstadtlagen eher Wunschdenken. So schreibt man doch im eigenen Antrag das Immobilienankauf durch die Stadt nur als letztes Mittel in Frage kommt.

Zum guten Schluss dann noch der beste Vorschlag: Die Stadtverwaltung erarbeitet Vorschläge, um die Innenstadt von Hannover mit einem Markennamen zu versehen. Nach dem Vorbild Fussball „Die Mannschaft“ würde ich hier vorschlagen „Die City“. Für einen mittleren 5-stelligen Betrag wäre ich bereit diese Idee abzugeben.

Der vollständige Antrag kann hier nachgelesen werden.

Fazit:

Alles läuft darauf hinaus das Autofahren in den Innenstädten wieder attraktiver zu machen. Wie man damit die Aufenthaltsqualität steigern will erschließt sich nicht. Auch neue Läden wird das nicht in die Innenstadt locken.

Bildquellen:

  • Schild Fahrradstraße: www.hannover-entdecken.de
  • Einkaufscity: www.hannover-entdecken.de