Die Landeshauptstadt Hannover baut in den kommenden Jahren für etwa 78 Millionen Euro einen neuen Schulkomplex für die IGS Büssingweg (Stadtteil Vahrenwald). Oberbürgermeister Belit Onay hat heute im Rahmen einer feierlichen Zeremonie den Grundstein für dieses Vorhaben gelegt. Voraussichtlich Anfang 2026 kann der Schulneubau durch die dann bis zu 1.215 Schüler*innen und rund 100 Lehrkräfte bezogen werden. Die Gesamtanlage wird voraussichtlich 2027 fertiggestellt.
„Diese Grundsteinlegung ist ein wichtiger Meilenstein für diese noch relativ junge Gesamtschule. Künftig bietet die Einrichtung modernste Lernbedingungen. Darauf können sich alle freuen. Auch für den gesamten Stadtteil Vahrenwald ist dies ein bedeutendes Bauprojekt“, sagte Oberbürgermeister Onay bei der Grundsteinlegung. Er hob hervor: „Es ist von großem Vorteil, dass die Schule während der Bauzeit nicht umziehen muss, sondern den Betrieb auf dem Grundstück selbst fortsetzen kann, auch wenn es mit Einschränkungen und Belastungen im Alltag verbunden ist.“
Der Neubau für die künftig komplett fünfzügige IGS Büssingweg mit den Sekundarstufen I und II wird in dreigeschossiger Massivbauweise errichtet. Dafür werden die bisher bestehenden Gebäude bis auf die Mensa in zeitlich gestaffelter Reihenfolge rückgebaut. Um den Schulbetrieb für die Bauzeit ausgliedern zu können, hat die Stadt bereits im vergangenen Jahr eine Holzmodulanlage mit zwölf Klassenräumen und fünf Fachräumen errichtet. Dies ist möglich, weil sich der zukünftige Komplex um einen Campus südlich der 2013 errichteten Mensa und entlang der Melanchthonstraße konzentriert. Der Entwurf gruppiert drei Lernhäuser und einen Fachklassentrakt windmühlenartig um eine große Halle, die gleichzeitig Aula, Ganztagsbereiche und Schülercafeteria beherbergt. Dieses Lerncluster-Konzept prägt die signifikante Form des Gebäudevolumens und ist sowohl innen wie auch von außen klar erkennbar.
Zudem entstehen eine Dreifeld- und eine Einfeld-Sporthalle mit Tribüne und Zuschauerbereich für 280 Besucher*innen sowie mit Foyer und Aufzug, die auch Vereinen in den Abendstunden und am Wochenende zur Verfügung stehen. Die Konzentration des Gebäudevolumens auf dem südlichen Teil des Schulgrundstücks unterstützt die einfache Orientierung, kurze Wege und gute Sichtbeziehungen. Damit wird auch Barrierefreiheit signifikant gefördert. Gleichzeitig wird im Außenraum, nördlich vom neuen Campus, viel Platz für Bewegungsflächen und Außensportanlagen frei. Der für die Fassade verwendete Ziegel ist blassrot bis leicht gelb.
Großzügige Lernlandschaften
Um das moderne pädagogische Konzept einer Integrierten Gesamtschule räumlich umzusetzen, werden verschiedene Aufenthaltsqualitäten geschaffen. Vorgesehen sind großzügige Lernlandschaften pro Jahrgangscluster. Fünf Klassenräume gruppieren sich um eine sogenannte Lernmitte und bilden zusammen eine Schulheimat für 150 Schüler*innen. Mit angegliederter Lehrerstation, Differenzierungsräumen, einer eigenen Teeküche und eigener genderneutralen Sanitäranlage entsteht ein großer Gemeinschaftsraum, der von allen überall genutzt werden kann und die Stringenz von Klassenaufteilungen aufhebt. Unterstützt wird dieses freie selbstständige Lernen – mit Lehrer*innen vor allem mit beratender und unterstützender Funktion – durch eine zeitgemäße digitale Ausstattung der Schule und flächendeckender schneller WLAN-Anbindung.
Aufgelockerte Struktur im Außenbereich
Vor dem Haupteingang der Schule an der Kreuzung Melanchthonstraße/Guts-Muths-Straße entsteht ein großzügiger Platz, der sich zum Stadtteil öffnet. Der Außenbereich der Schule ist künftig geprägt durch eine aufgelockerte Struktur, die von Vegetationsflächen durchzogen wird. Neue Pflanzungen ergänzen die Bestandsbäume und werden künftig zusätzlich für Schatten, Kühle und Grün auf dem Campusplatz sorgen. Auf dem gesamten Gelände verteilt werden Kletter-, Fitness- und Turngeräte angeboten für Spiel- und Sportaktivitäten.
Im nördlichen Bereich des Schulgrundstücks werden eine 100-Meter-Laufbahn und eine Weitsprunggrube angelegt. An der Sporthalle ergänzt ein Sandfeld für Beachvolleyball und Beachhandball das Bewegungsangebot.
Um den Schüler*innen das Gärtnern und den Naturschutz näher zu bringen, wird ein Schulgarten mit unterfahrbaren Hochbeeten und einer unterfahrbaren Bank-Tischkombination ausgestattet. Nördlich und westlich des Haupteingangs sowie am Eingang der Sporthalle werden insgesamt 300 Fahrradstellplätze mit Anlehnbügeln angeboten, davon 240 überdacht.
Effizienzgebäude
Das Gebäude wird nur 40 Prozent Primärenergie benötigen und ist damit dann ein sogenanntes „Effizienzgebäude 40“. Damit erfüllt es die Anforderungen an die Nachhaltigkeit: Für den Bau der Schule erhalten wir deshalb einen Zuschuss aus KfW-Bundesmitteln in Höhe von knapp 7 Millionen Euro.
Die Wärmeversorgung erfolgt durch einen Anschluss an das Fernwärmenetz. Lüftungstechnisch wird die neue Schule dezentral mit drei Technikzentralen auf dem Dach versorgt. Durch Nachtauskühlungsklappen, zuschaltbarer Lüftungsanlage auch im Sommer und außenliegenden Sonnenschutz wird einer Überhitzung der Räume entgegengewirkt. Hohe Räume und gute Wärmespeicherung durch freiliegende Betondecken sollen für ein gutes Raumklima sorgen. CO2-Ampeln werden vorsorglich zur Kontrolle eingebaut. Alle Klassenräume erhalten aus hygienischen Gründen ein Waschbecken und jedes Lerncluster einen Trinkbrunnen.
Die geplante Photovoltaik-Anlage auf den Dachflächen mit einer Gesamtleistung von circa 200 Kilowattpeak und einer Fläche von mehr als 1000 Quadratmetern lässt auch Platz für intensive Dachbegrünung, die wesentlich zur Verbesserung des Stadtklimas und zur Biodiversität beiträgt.
Nachhaltigkeit im Bau und Betrieb
Sowohl während der Entstehungsphase als auch im späteren Betrieb wird auf weitere Nachhaltigkeitsaspekte Wert gelegt. So werden auch die Terrassen und Balkone, die jedem Lerncluster zugeordnet sind, begrünt und helfen somit besonders an der Oberstufenterrasse im ersten und zweiten Obergeschoss, bei hochsommerlichen Temperaturen Schatten zu spenden. Gleichzeitig werden die durch das hohe Verkehrsaufkommen an der Melanchthonstraße entstehenden Schall- und Feinstaubimmissionen gemindert. Die Retentionsdächer dienen der Rückhaltung und Verdunstung von Regenwasser, um die Einleitung ins Kanalsystem auf das Minimum zu begrenzen.
Durch die hauptsächliche Verwendung einer Stützenkonstruktion kann der Anteil von Stahlbeton reduziert werden. Dadurch ist auch eine flexible räumliche Anpassung bei späteren Umbauten möglich. Die Deckenkonstruktion besteht aus sogenannten Cobiaxdecken. Das sind Elemente, in die Hohlkörper eingelegt sind, sodass der Betonverbrauch reduziert wird. Außerdem wird in den Bereichen, in denen es möglich ist, recycelter Beton eingesetzt. Bei Baustahl wird möglichst sogenannter „grüner“ Stahl eingesetzt. Das ist Stahl, der mit Wasserstoff statt mit Kohlenstoff hergestellt wird. Das vermeidet Kohlendioxidemissionen. Auf Verbundmaterialien wird weitestgehend verzichtet, um möglichst viele Materialien bei einem späteren Rückbau wiederverwenden zu können.
Auf Empfehlung vom BUND werden spezielle Nistkästen in die Verblendfassade eingelassen, um auch diversen Vogelarten wieder einen Unterschlupf zu bieten.
Barrierefreiheit auf allen Ebenen
Die Schule wird durch schwellenlose Zugänge und zwei Aufzüge komplett barrierefrei nutzbar sein. Technische Einrichtungen, Oberflächen und Orientierungssysteme werden in allen Bereichen ein inklusives Umfeld schaffen. Ein Pflegeraum, eine E-Ladestation und barrierefreie Toiletten sind künftig auf allen Ebenen vorhanden. Alle Räume können auch dank sehr guter Akustik für inklusiven Unterricht genutzt werden. Arbeitsinseln auf dem Außengelände werden auch mit für Rollstuhlfahrer*innen unterfahrbaren Tischen ausgeführt. Zu den Haupteingängen der Schule und der Sporthalle führt jeweils ein taktiles Leitsystem aus Rillen- und Noppenplatten.
Zwischenlösung während der Bauphase
Der Neubau soll in einem Zuge zwischen 2022 und 2026 errichtet werden. Um bei laufendem Baubetrieb den Unterricht vor Ort aufrecht erhalten zu können, werden zunächst noch die nördlichen Teile der vorhandenen Schulgebäude sowie die temporäre Holzmodulanlage genutzt. Die zweigeschossige Anlage gleicht einem kleinen Dorf: Sie besteht aus zwölf Unterrichtsräumen mit Nebenräumen und fünf Fachräumen für Biologie, Physik, Musik und Kunst. Die Anlage ist so nachhaltig konzipiert, dass sie auch nach Einzug in den IGS-Neubau für andere Auslagerungen oder als eigenständige Schule weitergenutzt werden kann und soll.
Dem Abriss der alten IGS geht also ein abgestimmter Ablaufplan voraus, denn die knapp 950 Schüler*innen müssen auch während der voraussichtlich mehr als dreijährigen Bauphase weiter unterrichtet werden – was kein leichtes Unterfangen ist, da weniger Platz sowohl im Gebäude als auch außerhalb zur Verfügung steht.
Hintergrund: IGS Büssingweg
Die IGS Büssingweg ist 2010 aus zwei Schulen entstanden, der Geschwister-Scholl-Schule (Realschule) und der Karl-Jatho-Schule (Hauptschule). Die Gebäude entstanden in den 1960er Jahren und waren stark sanierungsbedürftig. Ein Neubau wurde schließlich als sinnvoller angesehen. 2013 erhielt die Schule ein neues Mensagebäude, das erhalten bleibt.
Die IGS Büssingweg ist eine von elf Integrierten Gesamtschulen im hannoverschen Stadtgebiet und eine gebundene Ganztagsschule. Das Kollegium umfasst rund 100 Lehrkräfte, ergänzt um Kolleg*innen der IGS List und der IGS Vahrenheide-Sahlkamp, die seit 2016 eine gemeinsame Oberstufe am Standort Büssingweg anbieten. Die IGS Büssingweg ist Talentschule des Sports und bietet das Fach „Darstellendes Spiel“ als fünftes Prüfungsfach und damit durchgehend bis zum Abitur. Ende 2022 hat die IGS Büssingweg im Rahmen der tiergestützten Pädagogik mit dem Einsatz eines Schulhundes begonnen. Alle pädagogischen Kräfte und das gesamte Verwaltungspersonal arbeiten gemeinsam, um einen der Leitsätze der IGS „Eine Schule für alle“ zu sein, mit Leben zu füllen.
Daten/Fakten kompakt:
- Bauherrin: Landeshauptstadt Hannover (LHH)
- Projektsteuerung: LHH, Fachbereich Gebäudemanagement
Architektur:
- Planung und Bauleitung: Feldschnieders + Kamprolf, Bremen
Innenarchitektur: Remke und Partner, Barsinghausen
Außenanlagen: - Projektsteuerung: LHH, Fachbereich Umwelt und Stadtgrün
- Planung: Linnea Landschaftsarchitektur Griebenow & Kruse GmbH, Hannover
- Baubeginn: 2023
- Geplante Fertigstellung Schulneubau: Anfang 2026
- Geplante Fertigstellung Gesamtanlage: 2027
- Fläche: 7.800 Quadratmeter (Nettogrundfläche ohne Sporthalle)
- Kosten: 78 Millionen Euro
Bildquellen:
- Stadt Hannover: Stadt Hannover