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Von Ouvertüre bis Nachspiel: Klassik ist nicht nur in Hannover wieder in

Opernhaus Hannover - Erste Wahl für klassische Musik

Opernhaus Hannover – Erste Wahl für klassische Musik

Wer sich die Programmhefte des HCC, der Sendesäle des NDR und natürlich der Staatsoper ansieht, dem fällt auf, dass klassische Musik sehr häufig aufgeführt wird. Verwundern tut das nicht, immerhin, sind Livekonzerte grundsätzlich sehr beliebt und gerade Klassikkonzerte gelten als besonders hochwertige kulturelle Ereignisse. Doch wieso ist dem so und warum lohnt es sich, sich mit klassischer Musik auseinanderzusetzen? Und was ist eigentlich klassische Musik?

Eins scheint auf den ersten Blick klar zu sein, die Hochzeiten der klassischen Musik sind vorbei. Laut einer Studie hören etwas weniger als acht Millionen Menschen in Deutschland sehr gerne klassische Musik. Das erscheint zuerst recht ordentlich, aber 46 Millionen Befragte hören sie ungern oder sogar gar nicht. Trotzdem ist ihre Bedeutung im Kultur- und Kunstbereich ungebrochen.

Vorher lohnt sich aber ein Blick auf den Begriff Klassik, denn welche Musik sich genau dahinter verbirgt, ist nicht direkt klar. Zuerst stellt sich allerdings die Frage, von welcher Klassik denn genau gesprochen wird.

Die Wiener Klassik

Wenn in der Musikgeschichte von Klassik gesprochen wird, dann ist damit in der Regel die Wiener Klassik gemeint. In der Zeit zwischen 1780 und 1830 beginnt sich in Wien ein Musikstil durchzusetzen, welcher folgende Hauptmerkmale aufwies:

  • Eine leichte Einprägsamkeit
  • Häufig ein durchgehendes Hauptmotiv oder Leitthema
  • Ein Acht-Takt Grundmuster
  • Meist als Sinfonie, Streichquartett oder Konzert aufgeführt

Da sich im Nachgang der Aufklärung bis dahin geltende Tabus und Normen änderten, versuchten Musiker ebenfalls ihren Beitrag zu einer neuen und gerechteren Welt zu leisten. Im Vordergrund standen Werte wie Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, wie sie etwa auch im Napoleonischen Code Civil nach der Französischen Revolution festgehalten wurden. Die Habsburger Kaiser sollen eine besondere Vorliebe für Kammermusik gehabt und diese stark gefördert haben. Bedeutende Vertreter waren:

  • Wolfgang Amadeus Mozart
  • Ludwig van Beethoven
  • Joseph Haydn

Namen, die auch heute noch mit klassischer Musik in Verbindung gebracht werden. Doch dem ein oder anderen wird auffallen, dass ein paar bedeutende Komponisten, an die man sich noch aus dem Schulunterricht erinnert, fehlen, etwa Wagner, Händl und Bach. Sind diese Komponisten nicht auch Vertreter der klassischen Musik?

Bezeichnet man dieses Musikgenre als Klassik

Orchester im Treppenhaus

Orchester im Treppenhaus – Überrascht immer wieder mit interessanten Konzerten

Die Antwort darauf ist ja und nein, je nachdem wie man den Begriff Klassik benutzt. Im Alltag wird bei den meisten unter dem Begriff Klassik all die Musik zusammengefasst, welche seit dem Mittelalter bis in die Gegenwart komponiert wurde. Ihren Ursprung hat diese Musik in der mittelalterlichen Kirchenmusik, sie war überwiegend pompös im Klang und besonders kunstvoll. Damit stand sie im Gegensatz zur Volksmusik, die auf weniger aufwändige Instrumente setzte, etwa die Fidel statt der Orgel. Später gesellten sich Violinen und das Klavier hinzu, und auch die Trompete ist aus der Liste an klassischen Instrumenten nicht mehr wegzudenken. Der Volksmund verbindet noch heute die orchestrale Musik mit Klassik, ganz gleich, ob es nun Barocke, Romanistische oder Musik der Wiener Klassik ist.

Es geht also mehr um Instrumente und die Gefühle, die klassische Musik erzeugt, als um eine Epoche und ist eher eine Bezeichnung der europäischen Musiktradition, der Kunstmusik. Deshalb zählen neben Vivaldi (17. Jahrhundert), Händl (17./18. Jahrhundert) und Wagner (19. Jahrhundert) auch aktuelle Komponisten wie John Williams, bekannt für seine Filmmusik in Star Wars oder Harry Potter, und Hans Zimmer, ebenfalls Filmmusik wie Gladiator oder Inception, zu den klassischen Komponisten. Natürlich fällt aber ebenfalls die Wiener Klassik unter diesen Sammelbegriff, was sicher nicht dazu beiträgt, Verwirrungen abzubauen.

Klassik im 21. Jahrhundert

Wie bereits erwähnt finden sich klassische Stücke immer noch in der Filmmusik, aber durch das Internet hat sich der Markt insgesamt verändert. Streaming-Plattformen wie Spotify oder Amazon Music laufen dem CD-Vertrieb schon lange den Rang ab. Im Gegensatz zum restlichen Musikmarkt bleiben die Klassik-Hörer immer noch bei der CD, ganz klassisch halt. Die Informationen sind meisten in den Booklets hinterlegt und die Audioqualität soll laut Enthusiasten besser sein. Doch wenn der Markt sich wandelt und die CDs aus den Regalen verschwinden, werden sich Klassik-Fans an die neuen Gegebenheiten anpassen müssen und auf Streaming Portale ausweichen müssen.

Allerdings ergeben sich hier für Fans deutliche Probleme. Klassische Musik passt nicht in das gängige Künstler/Album Schema. Sicher findet man auf diesen Plattformen die bekannteren Stücke, aber die Suche nach bestimmten Interpreten gestaltet sich oft schwierig. Es haben sich daher eigene Streaming-Plattformen mit Fokus auf klassischer Musik gebildet, wie etwa IDAGIO, welche auf die Bedürfnisse der Fans klassischer Musik zugeschnitten sind.

Eine Alternative können die Vielzahl an klassischen Radiosendern sein, etwa BR-Klassik, NDR-Kultur oder Klassik Radio. Auch wenn das Programm nicht durchgängig Klassiker spielt und selten vollständige Werke ausgestrahlt werden, sind diese Sender für Quereinsteiger in diese Musikrichtung interessant.

Neoklassik

Ein weiteres Phänomen ist die seit den 2000ern auftretende Musikrichtung der Neoklassik. Hier werden Bach, Mozart und Wagner mit elektronischer Musik verknüpft. Auf akustischen Instrumenten liegt aber meist der Fokus, so etwa auf dem Klavier, welches beinahe immer präsent ist. Sicher liegt es auch daran, dass einige der Pioniere auf diesem Gebiet Pianisten waren, wie etwa Nils Frahm oder Ludovico Einaudi.

Diese Genrevermischungen ruft freilich Kritik hervor. Es wird den Künstlern vorgeworfen, Ambient-Musik zu machen, welche reines Hintergrundgeklimper oder einfach Kitsch ist. Wenn etwa Einaudi auf einer Eisscholle in der Arktis ein Stück auf einem Flügel spielt, können manche nur mit den Augen rollen.

Auch das es sich in Wahrheit um Pop und nicht um Klassik handelt, wird häufig angeführt. Selbst einige Künstler sind mit dem Begriff Neoklassik nicht zufrieden, manche sagen ganz offen, dass ihre Musik mit Klassik nichts zu tun hat. Ob es so einfach ist, ist schwer zu sagen. Der Übergang von etablierten Stilen zu neuen ist ja meist auch ein Aufbegehren gegen das Alte.

Wirkung von klassischer Musik auf den Körper

In den 1990er Jahren kamen Studien zu der Erkenntnis, wer klassische Musik hört, steigert seinen IQ. Dies wurde als Mozart-Effekt beschrieben und veranlasste viele Eltern dazu, ihren Kindern Klassik vorzuspielen. Nach heutigem Forschungsstand ist dieser Mozart-Effekt nicht beziehungsweise kaum vorhanden.

Trotzdem hat die Musik Auswirkungen auf den Körper. In der Musiktherapie wird bei Angststörungen auf Klassik gesetzt, da diese Musik den Herzschlag beruhigt und die Muskeln entspannen lässt. Laut einiger Studien soll sogar der Blutdruck und das Risiko auf Herzerkrankungen gesenkt werden. Es gibt aber noch weitere Vorteile, die klassischer Musik zugeschrieben wird. Sie soll die Kreativität anregen, Konzentration und Tatkraft steigern, aber auch Schlafstörungen lindern.

Klassik in Hannover

Klassik Open Air in Hannovers Maschpark

Klassik Open Air in Hannovers Maschpark

Immer wieder werden in Hannover Live-Konzerte aufgeführt, zuletzt etwa die Hannover Klassik Open Air 2023. So sind an einem Spieltag sogar bis zu 20.000 Besucher in den Maschpark gekommen. Neben Mozart spielte das NDR-Elbphilharmonie Orchester auch Guiseppe Verdi und Giacomo Puccini unter dem Motto „Von Wien nach Rom“.

Regelmäßig spielt auch das Niedersächsische Staatsorchester Hannover, welches Teil der Staatsoper Hannover ist, Live-Konzerte. Veranstalter wie die Pro Musica Hannover sorgen dafür, dass auch internationale Künstler regelmäßig auftreten können, wie etwa das Londoner Philharmonische Orchester. Die NDR-Radiophilharmonie bietet mit dem Discover Music! Programm sogar ein Angebot an, welches extra auf jüngere Kinder von drei bis zehn Jahren zugeschnitten wurde. In der Marktkirche Hannover kann hingegen regelmäßig Organisten aus der ganzen Welt gelauscht werden.

Bei der „Night of the Proms“, die jährlich in Hannover stattfindet, treffen bekannte Künstler aus Klassik und Pop aufeinander und sorgen für eine Verschmelzung der Musikrichtungen. Diese Veranstaltung, welche durch mehrere europäische Städte zieht, ist schon seit dem Beginn 1994 ein Publikumsmagnet.

Bildquellen:

  • Ein Architektur Highlight, das Opernhaus Hannover: www.hannover-entdecken.de
  • Orchester im Treppenhaus: Region Hannover - (c) Nailya Bikmurzina
  • Klassik Open Air in Hannovers Maschpark: Bernd Schwabe, CC BY-SA 4.0 , via Wikimedia Commons