Architektur, Politik, Soziales

50 Jahre Ihme-Zentrum Hannover – Ein Jubiläum, aber kein Grund zum Feiern

Ihmeufer bei Nacht

Ihmeufer bei Nacht

Im Jahr 2024 stand ein Jubiläum ins Haus, denn im November 1974 wurde das Ihme-Zentrum Hannover eröffnet und die ganze Stadt war gefühlt dabei. 50 Jahre später ist die Zukunft eher düster.

Das Ihme-Zentrum sollte eines von mehreren Wohn-, Arbeits- und Einkaufszentren für das innere Stadtgebiet von Hannover sein. Mit diesen bereits ab den 60er-Jahren geplanten Zentren sollte die Innenstadt entlastet und zentraler Wohnraum geschaffen werden. Das Ihme-Zentrum ist zum Glück das einzige dieser Zentren, das tatsächlich gebaut wurde.

Geschichte | Niedergang | Mythen | Abriss | Filme und Theaterstücke

Aktuell sorgt das Ihmezentrum immer wieder für neue Schlagzeilen, nur leider häufig eher negativer Art.

Geschichte – Von der mechanischen Weberei zum Ihmezentrum

Noch bei der Grundsteinlegung am 11. November 1971 sprach Oberstadtdirektor Martin Neuffer hoffnungsvoll vom Beginn eines „Jahrzehnts der großen Umbauten“. Große Bauprojekte am Kröpcke und Raschplatz und eben auch das Ihmezentrum waren geplant. Die Konzepte verloren ihren Reiz jedoch sehr schnell, Sichtbeton war schon nach kürzester Zeit nicht mehr gefragt. Eine Ausstellung in der Bauverwaltung Hannover aus dem Jahr 2010 zum 100. Geburtstages von Rudolf Hillebrecht zeigt die damaligen Pläne.

Mechanische Weberei in Linden 1910

Mechanische Weberei in Linden 1910

Auf dem größten Teil des heutigen Ihmezentrums war vorher die Mechanische Weberei Linden angesiedelt. 1837 als erstes Unternehmen dieser Art in Europa gegründet war sie berühmt für ihren „Lindener Velvet Samt“. 1874 war das Unternehmen bereits der größte Hersteller dieser Art auf dem europäischen Kontinent. Rund 1.500 Menschen waren hier beschäftigt. Außerdem hatte hier noch die Lindener Backpulver- und Brotfabrik ihren Firmensitz.

Gegründet wurde die Mechanische Weberei von Adolph Meyer, Alexander Abraham Cohen sowie den Kaufleuten Carl Domeyer und Georg Wessel, um die maschinengetriebene Stoffherstellung effizienter zu gestalten. Anfangs kamen die Webstühle aus dem Elsass und bereiteten Schwierigkeiten, doch ab den 1840er Jahren brachten modernere Maschinen aus England den entscheidenden Aufschwung. Das Unternehmen wurde 1857/58 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und expandierte unter der Leitung des Architekten Ludwig Debo.

Aktie der Mechanischen Weberei zu Linden 1934

Aktie der Mechanischen Weberei zu Linden 1934

Die erste Krise kam mit Ausbruch des amerikanischen Bürgerkriegs 1861, wegen der ausbleibenden Baumwollimporte rutschte die Weberei fast in den Ruin. Ab 1865, unter der Leitung von Wilhelm Berding, spezialisierte sich die Fabrik auf baumwollene Samte, was den Erfolg des „Lindener Samts“ einleitete. In den 1870er Jahren errang das Unternehmen internationale Auszeichnungen und errichtete eine Arbeiterkolonie. Bis 1885 wuchs die Anzahl der Beschäftigten auf rund 3.000. Die Weberei vereinte verschiedenste Produktionsschritte unter einem Dach und wurde bis 1890 zu einem der größten Industriebetriebe Hannovers.

Im 20. Jahrhundert expandierte die Weberei weiter, geriet jedoch durch die Weltwirtschaftskrise 1929 in erhebliche interne und externe Schwierigkeiten. 1932 musste ein Vergleichsverfahren durchgeführt werden. Erst 1934 konnte der Betrieb wieder aufgenommen werden, allerdings in bescheidenem Umfang. Die Luftangriffe auf Hannover im Zweiten Weltkrieg hatten 1943 eine fast völlige Zerstörung des Betriebes zur Folge.

In den Wiederaufbaujahren konnte mit Geldmitteln aus dem Marshallplan, dem Bund und dem Land Niedersachsen der Betrieb wieder aufgenommen werden, jedoch in wesentlich kleinerem Umfang in der Rechtsform als GmbH. Zwar wurde der „Lindener Samt“ wieder für den heimischen Markt hergestellt und auch ins Ausland exportiert, an frühere Leistungen und Bedeutung konnte jedoch nicht wieder angeknüpft werden. 1961 wurde die Fabrik dan endgültig stillgelegt.

Einen historischen Abriss zur mechanischen Weberei findet man unter dem Titel „Der Lindener Samt erobert die Welt“ in einem Artikel von Torsten Bachmann.

Das Ihmezentrum sollte eines von mehreren hochverdichteten Wohn-, Arbeits- und Einkaufszentren sein, die in den 1960er-Jahren für das innere Stadtgebiet von Hannover geplant waren. Der Baustil wird heute als Brutalismus bezeichnet und man kann wohl froh sein, dass nicht noch mehrere solcher Projekte umgesetzt wurden.

Ihme-Zentrum im Bau

Ihme-Zentrum im Bau

Das gesamte Zentrum wurde in einem Stück gebaut. Zu seiner Zeit war es eine der größten Baustellen und hatte mit dem größten gegossenen Betonfundament Europas auch ein Superlativ zu bieten. Es entstanden 60.000 m² Verkaufsfläche sowie 58.300 m² Wohnflächen mit etwa 860 Wohnungen.

Weitere Bilder aus der Bauphase des Ihme-Zentrums

Die Anordnung der Fundamente für die Hochhaustürme im Bereich Ihmeplatz wurden so gestaltet, dass dort ein U-Bahn-Tunnel für die geplante D-Strecke der Stadtbahn Hannover unter dem Bauwerk werden könnte.

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Mehr zur Geschichte des Ihmezentrum auf punkt-linden.de

Niedergang des Ihmezentrum zur Jahrtausendwende

Ihmepassage um 1977

Ihmepassage um 1977

Der Niedergang des Ihme-Zentrum erfolgte schleichend. Zur Eröffnung war dort die Crème de la Crème des Handels von Hannover versammelt. Nach und nach gaben die Händler zwischen Kaufhof im Norden und dem bei Hannoveranern inzwischen legendären Lebensmittelhändler HUMA im Süden auf. Die Fläche von Kaufhof übernahm der Technikmarkt Saturn-Hansa, aber für die Fläche von HUMA, die zwischenzeitlich von Allkauf übernommen wurde, fand sich ab Mitte der 90er-Jahre kein Nachfolger mehr.

Die Investoren ohne Investitionen

Lindenspiegel 07-2000

Lindenspiegel 07-2000

Anfang der 2000er-Jahre übernahm der Investor Frank Michael Engel einen Großteil der bereits leer stehenden Ladenflächen. Das Drama nahm seinen Lauf. Die ersten kritischen Stimmen kamen recht schnell. In einem Artikel von 2007 „Vom Ihmezentrum zum Lindenpark“ war bereits die Rede von konzeptionellen Fehlentscheidungen zur Revitalisierung.

  • Eigentümer Engel (2000–2006)
  • Eigentümer Carlyle (2006–2009)
  • Zwangsverwaltung (2009–2015)
  • Eigentümer Intown (2015–2019)
  • Eigentümer Civitas (seit 2019)

Im August 2023 hat die Hausverwaltung des Ihme-Zentrums einen Antrag auf Eröffnung des nächsten Insolvenzverfahrens gestellt. Seitdem wird das Ihmezentrum wieder zwangsverwaltet. Ende 2024 zum 50. Geburtstags des Betonmonsters ist die Zukunft weiter ungewiss und die nächste Zwangsversteigerung könnte auch noch folgen.

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Wie lange sich diese unrühmliche Geschichte in Hannover bereits hinzieht, kann man sehr schön anhand von diesem Video sehen. Oberbürgermeister „Herbert Schmalstieg“ fängt symbolisch an, die ersten Abrissarbeiten auszuführen.

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Im Juli 2006 wurden die Anteile der Firmengruppe Engel von der amerikanischen Carlyle Group übernommen, die den Umbau noch weiterführte.

Das Ende der Träume – Insolvenz und Zwangsversteigerung

Große Pläne wie der Lindenpark blieben ohne Umsetzung

Große Pläne wie der Lindenpark blieben ohne Umsetzung

2013 endete mit der Insolvenz der Carlyle Tochterfirmen dieser Versuch einer Revitalisierung. Die Berliner Landesbank hat, nachdem sich kein neuer Investor fand, das Objekt zwangsversteigen lassen. Auch das klappte erst in der zweiten Runde ohne ein Mindestgebot.

Die Carlyle-Anteile wurden schließlich 2015 für 16,5 Millionen Euro an die Projekt Steglitzer Kreisel Berlin Grundstücks-GmbH verkauft. Die Tagespresse nannte diese als Tochter der Firma Intown, hinter der israelische Investoren stünden.

Wieder neue Pläne für das Ihmezentrum in 2016

Wieder neue Pläne für das Ihmezentrum in 2016

Die Projekt Steglitzer Kreisel Berlin Grundstücks-GmbH wurde mit Wirkung zum 28. Februar 2017 umbenannt in Projekt IZ Hannover GmbH.

Von 2018-2019 wurde der Verkauf der Intown-Anteile am Ihme-Zentrum an die Civitas Property Group S.A. durchgeführt. Das ist eine Tochter der Sapinda Gesellschaft des Finanzinvestors Lars Windhorst, bekannt auch als Finanzier von Hertha BSC Berlin.

In 2022 wechselte das Ihmezentrum wieder ein Mal den Besitzer. Die Projekt IZ Hannover GmbH (PIZ), zuständig für die Revitalisierung des Sockelgeschosses im Ihme-Zentrum im Auftrag des Investors Lars Windhorst, bot sogar monatliche öffentliche Führungen durch das Ihme-Zentrum an, um den angeblichen Baufortschritt zu zeigen.

Die Stadt hingegen zog Anfang 2023 die Notbremse und kündigte ihre Mietverträge. In 2023 verabschiedete sich auch noch enercity aus dem Hochhaus am Ihmeplatz. Damit steht auch die letzte große Bürofläche leer. Die Stadt Hannover bleibt neben den Wohnungseigentümern der einzige Aktivposten, der weiterhin in das Ihmezentrum investiert. Eine Durchwegung an der Ida-Arenhold-Brücke zur Blumenauer Straße soll jetzt doch noch gebaut werden.

Die weitere Zukunft bleibt ungewiss. Es ist aber sicher, niemand wird, wie von vielen Bürgern gefordert, das Ihmezentrum abreißen oder wegsprengen. Wirtschaftlich ist das absolut unmöglich, daher wird Hannover mit der Bausünde des Brutalismus der 70er-Jahre wohl oder übel auf lange Sicht weiterleben müssen. Ob das für die Wohnungseigentümer auf Dauer tragbar sein wird, ist ebenfalls unklar. Allein für 2024 summiert sich die Sonderzahlung durch den Ausfall des Gewerbeteils bei einer 100-Quadratmeter-Wohnung auf fast 4000 € die von den Wohnungsbesitzern zusätzlich aufgebracht werden müssen. Zumindest in kleinen Schritten könnte es Entlastung für die Wohnungsbesitzer geben. Der Insolvenzverwalter verhandelt weiterhin mit Gewerbemietern die trotz der desolaten Lage Interesse an verschiedenen Flächen zeigen. Wie es weiter geht, kann man auf der Webseite punkt-linden.de verfolgen, im letzten Interview zeigte sich der aktuelle Insolvenzverwalter optimistisch.

Mythen und Legenden in Beton

Ihmezentrum und Heizkraftwerk

Ihmezentrum und Heizkraftwerk

In diesem Bereich hat das Ihmezentrum einige Geschichten zu bieten. Von der angeblichen U-Bahn Station über ein Schwimmbad bis hin zur RAF.

Im Januar 1978 entdeckte die Polizei im Ihme-Zentrum nach dem Hinweis eines Wohnungsnachbarn eine konspirative Wohnung der linksterroristischen Vereinigung RAF. Die Polizei stellte allerdings fest, dass die Wohnung bereits längere Zeit verlassen war. Neben handschriftlichen Notizen zum Bau einer Stalinorgel wurde auch entsprechendes Material für terroristische Zwecke gefunden. Fingerabdrücke deuteten nach BKA Angaben darauf hi, dass die Wohnung von den RAF-Terroristen Knut Folkerts, Silke Maier-Witt, Ingrid Siepmann und Monika Helbing bis September 1977 als Rückzugsort gedient hatte. RAF-intern wurde das Ihme-Zentrum passenderweise Klotz genannt.

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Der angeblich im Ihmezentrum lebende Sprayer Moses hat in einem Video mit gesagt, er wolle das Ihmezentrum ersteigern und dort einen eigenen Staat (Overground) gründen. Für das seinerzeit geforderte Mindestgebot von knapp 25 Mio. Euro fehlten aber wohl die Mittel.

Größtes Betonfundament Europas

Der gesamte Komplex wurde in einem Stück gebaut, was es zu einer der umfangreichsten Baustellen mit dem größten gegossenen Betonfundament Europas machte. Bis 1975 entstanden eine Verkaufsfläche von 60.000 m² sowie Wohnflächen von 58.300 m² für etwa 860 Wohnungen (bei damaliger Wohnfläche von ca. 25 m²/Person etwa 2400 Personen; mit Stand 2020 sind es ca. 1400 Bewohner) und 8000 m² für etwa 450 Studenten.

HUMA – Der Magnet im Ihmezentrum

Fast jeder Hannoveraner kennt Huma, einst der Magnet im Ihmezentrum. Auf zwei Ebenen damals der einzige große Supermarkt im Bereich der Innenstadt. Heute gehören E-Center oder andere Einkaufsmärkte zum Stadtbild. Damals eine Neuerung, die maßgeblich zum ersten Erfolg des Ihmezentrums beitrug. Mit für die Zeit außergewöhnlichen Sonderangeboten zog man die Massen an. Legendär auch der Hähnchengrill im Eingangsbereich.

Der Untergang begann mit einem Hubschrauberabsturz. Dabei kamen Ende der Achtzigerjahre das gesamte HUMA-Management ums Leben. Als Nachfolger kam eine zum West-LB/Metro Konzern gehörende ALLKAUF-Filiale. Mit Eröffnung des Real-Marktes an der Davenstedter Straße war kein Bedarf mehr für einen zweiten zum gleichen Konzern gehörenden Supermarkt. Nicht nur benötigte die West-LB im Ihme-Zentrum kein eigenes Einzelhandelsgeschäft mehr. An einer Vermietung an Wettbewerber konnte ebenfalls kaum ein Interesse bestehen. Gerüchte kursierten, man würde die Verluste lieber von der Steuer absetzen und das Objekt verfallen lassen, als zu erlauben, dass sich lästige Wettbewerber dort einnisteten.

Der Anfang vom Ende für die kleinen und mittleren Läden im Ihmezentrum, denn nun fehlte einer der großen Magnete.

Schwimmbad

Viele Geschichten ranken sich um das Schwimmbad im Ihmezentrum. Einige behaupten sogar darin geschwommen zu sein. Einzig zwei Entlüftungsschächte im Nordteil des Ihmezentrums deuten auf das Schwimmbad heute noch hin. Mit der darüber liegenden Kegel- oder Bowlingbahn, da widersprechen sich die Quellen, sollte es zum Freizeitbereich der Stadt in der Stadt gehören. Im Gegensatz zur Bowlingbahn ist die Schwimmhalle aber nie in Betrieb gegangen. Die Stadtwerke haben es als Archiv umgenutzt und zum Teil wohl auch zugeschüttet.

U-Bahn Station

Dann natürlich noch die U-Bahn Station. Die Legende schlecht hin. Auch hier will man sogar durchgelaufen sein. Im Gegensatz zur Station unter dem Hauptbahnhof, die tatsächlich besichtigt werden kann, aber nur ein Mythos.

Bilder die angeblich beweisen sollen das es diese Station tatsächlich gegeben haben soll waren Teil eines Theaterprojektes.

Die Wahrheit ist vielmehr das vom U-Bahnbauamt darauf hingewirkt wurde das für die 60er Jahre typische auf 8 x 8 m Säulenraster auf das man das Ihmezentrum gründete im Bereich einer eventuell zu planenden U-Bahn Trasse zu ändern.

Fußgängerbrücke am Küchengarten

Blick auf den Küchengarten mit Fußgängerbrücke (2004)

Blick auf den Küchengarten mit Fußgängerbrücke (2004)

Weniger ein Mythos, denn die Brücke gab es wirklich, sondern eher ein Kuriosum. Die Fußgängerbrücke führte vom Anfang der Limmerstraße mit einer Rolltreppe über den Platz direkt in die Geschäftsebene der Ihmezentrums. Neben der Fußwegverbindung erfüllte sie einen weiteren Zweck. Über die Rampe von der Limmerstraße über den bis heute erhaltenen Hügel war sie als Zufahrt für Rettungsfahrzeuge ausgelegt. Daher die sehr massive Bauweise der Brücke.

2008 wurde die Brücke von der Firma Carlyle im Zuge der Umbauarbeiten abgerissen.

Interessant in dem Zusammenhang ist die Bürgerbeteiligung im Rahmen des Stadtplatz-Programms 2003. Auf den Versammlungen zur Neugestaltung des Platzes wurde gleich zu Beginn festgelegt: „Über die Brücke und die Tankstelle auf dem Platz müssen wir nicht reden, die werden wir nie wegbekommen“. Erst verschwand die Tankstelle und kurz danach die Brücke. Daran sieht man den beschränkten Einfluss der Stadt auf die Stadtplanung.

Abriss des Ihmezentrum – Ein Ding der Unmöglichkeit

Fragt man nach Meinungen zum Ihme-Zentrum hört man immer wieder „wegsprengen“ oder ähnliche Pläne. Vielen Hannoveranern fällt nämlich beim Thema Ihme-Zentrum als Erstes der Abriss ein. Zumindest wenn sie nicht gerade selbst darin wohnen. Damit fängt das Problem aber schon an. Es gibt circa 550 Eigentümer, von denen viele dort selbst und auch gerne wohnen.

Ihme-Zentrum - Ein Abriss ist (k)eine gute Idee

Stillgelegte Baustelle Ihmeplatz

Was würde ein Abriss des Ihme-Zentrums für Kosten und Probleme verursachen? Facebook User Sebastian hat dazu im Februar 2023 eine fiktive Beispielrechnung gemacht.

Zunächst müsste ein potenzieller Investor von allen Eigentümer eine Zustimmung für den Abriss des Betonmonsters bekommen. Für so eine Entscheidung ist „Allstimmigkeit“ Voraussetzung. Ist nur ein Eigentümer dagegen, dann ist ein Abriss nicht möglich. Es gibt aber reine Investoren, die in den USA, Kuwait, Russland oder sonst wo leben und somit nur schwer zu erreichen sind. Was das heißt, haben die Eigentümer schon erlebt, als die Teilungserklärung geändert werden sollte. Soweit mir bekannt ist man seinerzeit damit gescheitert. Es ist also höchstwahrscheinlich alle Genehmigungen zu bekommen, die vor deutschen Behörden bestand haben.

Pläne gab es viele für das marode Ihme-Zentrum

Verschiedene Investoren präsentierten bunte Bilder einer blühenden Zukunft. Passiert ist bis auf eine Sanierung der Tiefgarage und die Entkernung der Ladenflächen dagegen wenig. Es wurden nur die Mieteinnahmen der Büroflächen abgeschöpft, die aber jetzt wegfallen.

Zuletzt fand eine Podiumsdiskussion mit der Fragestellung „Was könnte mit dem Ihme-Zentrum passieren?“ statt. Die private Initiative Zukunftswerkstatt Ihme-Zentrum hatte in das Capitol geladen und mit Bewohnern und Politik diskutiert.

Beispielrechnung Abrisskosten

Nehmen wir jetzt mal an, diese Hürde ist überwunden. Es folgt das Finanzielle. Alle Zahlen habe ich mal aus der genannten Beispielrechnung übernommen. Auf eine Toleranz von ein paar Millionen kommt es bei diesen Summen sicherlich nicht an.

Zunächst wären da die 634 Wohnungen, davon gehören 172 Stück zum großen Eigentumspaket. Davon ausgehend das dieses Eigentumspaket mit Wohnungen und gewerblichen Flächen bei der nächsten Zwangsversteigerung für den obligatorischen Euro über den Tresen geht bleiben immer noch die Kosten für 432 Wohnungen zwischen 31 und 160 Quadratmetern.

432 Wohnungen mit durchnittlich 60 Quadratmetern ergibt 25.920 Quadratmeter Wohnfläche.

Bei 2.500 € pro Quadratmeter ergibt sich daraus eine Kaufsumme von 64.800.000 € plus 1 € aus der Insolvenz des Restes. Die Gemeinschaftsflächen, Wege, Treppen, Tiefgarage und was es da noch alles gibt, lassen wir mal außen vor.

Jetzt gehört dem Investor eine unfassbare Menge Beton auf der mit 50.000 Quadratmetern größten durchgehenden Bodenplatte Europas.

Es folgt der Abriss. Das Ihmezentrum geht zwei Stockwerke tief in die Erde und über 70 Meter in die Höhe (Ihmepassage 2: 73 m, Ihmeplatz 1: 68 m). Die Entsorgung von Stahlbeton beläuft sich auf 250 bis 350 € pro Quadratmeter. Alle Geschossflächen zusammen genommen kommt man auf, um die 250.000 Quadratmeter.

Ergibt bei 300 € eine Summe von 75.000.000 €.

Für den Abtransport des Bauschutts und für das Auffüllen der Tiefgarage, denn sonst hätte man einen großen See, kommt man auf 10.000 bis 12.000 LKW Ladungen, die durch Linden an- und abzutransportieren sind.

Jetzt sind wir bei 150.000.000 € Euro für einen Ihme-Zentrum Abriss. Und diese Summe ist wahrscheinlich eher noch viel zu gering angesetzt. Wie bereits erwähnt sind diese Zahlen nicht wirklich abgesichert, aber die Kosten, das Ihmezentrum abzureißen, sind definitiv höher als der Wert der reinen Grundstücksfläche.

Ihme-Zentrum Abriss ein wirtschaftlicher Albtraum

Wenn man das Grundstück jetzt als Bauland verkaufen will, dann müsste man den fünffachen ortsüblichen Preis dafür nehmen. Ohne einen Gewinn mit einzukalkulieren sind das 3.000 € pro Quadratmeter. Die durchschnittlichen Baulandpreise in Hannover liegen bei 650 €.

Es ist also faktisch unmöglich, das Ihme-Zentrum abzureißen. Niemand könnte damit einen Gewinn erwirtschaften.

Das die Zahlungen vom letzten „Investor“ Lars Windhorst ausbleiben, haben die kleinen Eigentümer ein Problem. Jeder Eigentümer des Ihme-Zentrums haftet für den gesamten Komplex. Aus Medienberichten heißt es, dass auf die Wohnungseigentümer Kosten in Höhe von 400 bis 500 € pro Monat an Instandhaltungsumlage zukommen.

Ein Horrorszenario ohne Ende. Die Betonburg mitten in Hannover wird auf jeden Fall erhalten bleiben. In welchem Zustand steht in den Sternen. Eine wirtschaftliche Perspektive ist nicht zu sehen. Ob die Stadt, sprich der Steuerzahler da in die Bresche springt, bleibt abzuwarten. Bisher ist die Argumentation der Stadt eindeutig. Es ist Privatbesitz und da ist bereits genug Steuergeld drumherum verbaut worden.

Eine weitere Idee wie man das Problem lösen könnte war ebenfalls im Netz zu lesen. Rund um das Ihme-Zentrum einen kreisrunden Schnitt machen. Das Ganze um 180 Grad drehen und schon ist das Ihmezentrum in Hannover und die Glocksee in Linden. Nach Meinung vieler Lindener nicht die schlechteste Lösung.

Filme, Theaterstücke und Geschichten

Es gibt Filme über das Ihme-Zentrum und sogar Theaterstücke.

Film: Traum Ruine Zukunft

De Klassiker unter den Filmen zum Ihmezentrum. Seit Jahren ein fester Bestandteil im Programm des Apollokino auf der Limmerstraße.

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Theater: Betonklotz 2000

Wie fühlt es sich an, in einem der größten zusammenhängenden Betonfundamente Europas, dem Hannoveraner Ihme-Zentrum, aufzuwachsen? „Eine Stadt in einer Stadt, so die Idee, viele Geschichten übereinandergestapelt.“ Das Theaterstück Betonklotz 2000, das am 20.09.2024 Premiere hatte, erzählt die Geschichten junger Menschen, für die dieses einst als utopisches Stadtprojekt geplante Bauwerk soziale Ungerechtigkeit und Realität bedeutet. Zwischen Armut und Gentrifizierung, der Suche nach Perspektiven und der Flucht nach vorne (wo auch immer das sein mag) betrachten die Jugendlichen den Klotz und sehen: Freundschaften, Eltern, die sich bemühen, vor allem aber ein Zuhause. Die Autorin Jona Rausch widmet sich in ihrem ersten Text für die Bühne einem Gebäude, das mehr ist als ein kultiges, mittlerweile in die Jahre gekommenes Vorzeige-Bauwerk Hannovers, und lässt es lebendig werden.

Theater: Eisen, Dampf und Samt

Am 2. Juni 1991 fand auf dem Hanomag-Gelände eine außergewöhnliche Theaterpremiere statt. Mehr als 150 Beteiligte spielten auf sechs Bühnen in einer riesigen Werkshalle simultan Szenen aus der Zeit der hannoverschen Industriegeschichte von 1830 bis 1870. Zum Theaterprojekt ist ein Programm-Lesebuch zur Geschichte der Industrialisierung der Jahre 1830 bis 1870 entstanden.

Weltkulturerbe Ihme-Zentrum

Es gab sogar mal die Idee das Ihmezentrum zum Weltkulturerbe zu machen.

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Stadtplan

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Bildquellen:

  • Ihmeufer bei Nacht: www.hannover-entdecken.de
  • Mechanische Weberei in Linden 1910: Von Autor/-in unbekannt - Bernd Sperlich auf myheimat.de: http://www.myheimat.de/hannover-calenberger-neustadt/kultur/hannover-juedischer-unternehmer-joseph-berliner-starb-vor-75-jahren-d2526965.html, Gemeinfrei, Link
  • Aktie der Mechanischen Weberei zu Linden 1934: Von Unbekannte Autoren und Grafiker; Scan vom EDHAC e.V. - Sammlung eines Mitglieds des Ersten Deutschen Historic-Actien-Clubs e.V. (EDHAC e.V.); (le), Gemeinfrei, Link
  • Ihme-Zentrum im Bau: Von Hans Dieter Keyl - Stadtarchiv Hannover StadtAH.3.NL.576.Nr.004, Vorlass Hans Dieter Keyl, CC BY 4.0, Link
  • Ihmepassage um 1977: Von Hans Dieter Keyl - Stadtarchiv Hannover StadtAH.3.NL.576.Nr.005, Vorlass Hans Dieter Keyl, CC BY 4.0, Link
  • Lindenspiegel 07-2000: Lindenspiegel
  • Große Pläne wie der Lindenpark blieben ohne Umsetzung: www.hannover-entdecken.de
  • Wieder neue Pläne für das Ihmezentrum in 2016: Cardea Immobilien GmbH
  • Gibt es eine Zukunft für das Ihmezentrum?: www.hannover-entdecken.de
  • Robuste Wirklichkeiten: www.hannover-entdecken.de
  • 2011-05-22_IhmeGallery-eos8737: www.hannover-entdecken.de
  • Ihmezentrum und Heizkraftwerk: www.hannover-entdecken.de
  • Ansatz einer Überdachung im Ihmezentrum: www.hannover-entdecken.de
  • Eine einzige Baustelle: www.hannover-entdecken.de
  • Ihmeplatz: www.hannover-entdecken.de
  • Geschäftsaufgabe im Ihmezentrum: www.hannover-entdecken.de
  • IhmeGallery – Grünste Stadt Niedersachsens: www.hannover-entdecken.de
  • IhmeGallery – Charme: www.hannover-entdecken.de
  • IhmeGallery – Schöne Ecken: www.hannover-entdecken.de
  • Blick auf den Küchengarten mit Fußgängerbrücke (2004): www.hannover-entdecken.de
  • Abriss der Fußgängerbrücke am Küchengarten (2008): www.hannover-entdecken.de
  • Küchengarten: www.hannover-entdecken.de
  • Neue Pläne für das Ihmezentrum in 2016: Cardea Immobilien GmbH
Kategorie: Architektur, Politik, Soziales