Hoi hallo, diese Frage ist mir in letzter Zeit häufiger begegnet, wenn ich auf großen social media Plattformen unterwegs war. Und ehrlich gesagt bin ich irritiert. Also die Frage, was ein fairer Preis für ein digitales Schnittmuster ist, ist durchaus berechtigt. Die stelle ich mir auch immer wieder. Nein, komisch finde ich, dass die Frage immer wieder an die Käuferschaft von eBooks gerichtet wird.
Bitte versteht mich nicht falsch. Es ist wichtig, was (potentielle) Kundinnen von meinem Shop und den darin zu kaufenden Produkten halten. Aber Preisgestaltung besonders von selbst erschaffenen Produkten ist recht komplex. Viele Faktoren spielen rein … Ich möchte mal an einem Beispiel zeigen, was ich meine.
Meine Freundin Susi kann wundervolle Badezimmer machen. Ihre Firma kann noch viel mehr. Aber diese Dinge verschwinden später alle in der Wand oder hinter irgendwelchen Verkleidungen. Wie es der Zufall will, ist mein Badezimmer alt und bis auf die original 60er Jahre Fliesen ziemlich hässlich. Wenn ich meine Freundin nun um einen Kostenvoranschlag bitte und sie mir antwortet: “ Bianca, ich denke mir mal was hübsches aus und rechne durch, was es kosten wird.“ Ok. Wenn sie dann nach ein paar Tagen mit einem Entwurf samt Kostenvoranschlag vorbeikommt, habe ich verschiedene Möglichkeiten zu reagieren.
Ich kann mich freuen und den Vorschlag freudig annehmen. Es kann auch passieren, dass ich den Vorschlag zu teuer finde und ihn mir nicht leisten kann oder will. Dann würden wir darüber sprechen und schauen, wo man Geld einsparen kann. Vielleicht würde ich auf etwas Luxus verzichten und keinen beheizbaren Spiegel nehmen. Und vielleicht ließe sich auch Geld bei den Amaturen sparen oder den Badmöbel. Braucht man ein Bidet oder nicht? Es gibt bei Badezimmern einige Möglichkeiten Geld zu sparen :-). Was ich aber nie machen würde, wäre zu sagen: „Du ich finde deinen Preis nicht fair.“, wenn mir der Preis zu hoch wäre. Denn ich habe keine Ahnung von Kalkulation im Sanitärbusiness. Also kann ich das nicht beurteilen. Wir können nur nach einer Lösung suchen, bei der uns beiden der Preis gefällt. Wenn mir etwas zu teuer ist, suche ich also eher nach einer Light-Version statt High-End. Auch so kann ich die Arbeit des anderen wertschätzen und fair bezahlen.
Genauso ist es doch bei Schnittmustern auch. Es gibt die High-End Schnittmuster, die quasi alles können. Und es gibt die Schnittmuster, die nur eine oder zwei Nähvarianten bieten. Es gibt die Schnittmuster, in die man „nur“ Arbeitszeit steckt. Oder es gibt Schnittmuster wie unseren Hoodie-Schnitt, in den man auch noch eine Menge Geld investiert, weil man es mit professioneller Hilfe erstellt hat (z.B. Schnittdirectrice). Manche Schnittmuster verkaufen sich sehr schnell sehr oft. Bei anderen geht es schleppender. Wieder andere sind zeitlos und verkaufen sich über viele Jahre gut. Andere sind modisch und nach einer Saison kaum noch verkaufbar.
Genauso wie bei den Schnittmustern gibt es auch bei den Designern große Unterschiede. Die eine Designerin hat ein schickes Büro in der Großstadt, die andere arbeitet von Zuhause aus. Die nächste macht das „nur“ als Nebenerwerb und muss sich deshalb weniger um Krankenversicherung und Rente sorgen als jemand, der das hauptberuflich macht. Ich vermute, jedes Schnittmuster-Label wird daher mit einem anderen Basis-Wert kalkulieren. Und das ist ganz richtig und normal und in jeder Branche so.
Ich möchte die Diskussion gar nicht dahin lenken, wer hier faire Preise nimmt oder nicht. Was ich weiß ist, dass mehr Menschen niedrigpreisigere Schnittmuster kaufen als hochpreisige. Und bei Rabattaktionen werden mehr Schnitte als sonst verkauft. So ist es jedenfalls bei mir. Und auf diese Situation stelle ich mich ein; denn ich bin ja nicht nur Designerin sondern auch Unternehmerin. Meine Schnittmuster sind meist nicht so komplizierte aka aufwendige Schnittmuster. Ich mag Taschen <3. Deshalb brauche ich weniger Zeit für die Erstellung. Es entstehen weniger Kosten für die Schnittdirektrice; denn die wird nach Schnittteilen und Varianten bezahlt.
Ich führe tatsächlich Listen, wie viel Geld mich ein Schnittmuster in der Entstehung gekostet hat und wie viel es monatlich einbringt. Ich persönlich kann viel lässiger mit Rabatten umgehen, wenn die Schnittmuster sich bezahlt gemacht und Gewinne eingespielt haben :-). Ich mag Rabatte auf Schnittmuster auch als Marketinginstrument; denn sie kosten mich nicht spürbar Geld. Das ist natürlich relativ :-). Aber deshalb packe ich auch nachher wieder einen Rabattcode in den Newsletter.
Abschließend möchte ich sagen, ich kann Euch nicht sagen, was ein fairer Preis für ein digitales Schnittmuster ist. Es gibt keine Pauschalantwort. Ich weiß nur, dass viele Näherinnen lieber weniger als mehr für einen Schnitt ausgeben. Deshalb muss man einen Kompromiss finden, mit dem alle gut leben können. Wichtig ist doch, dass sich alle gut damit fühlen, oder?
Bis bald Bianca