Rund ein Viertel der Einwohnerinnen und Einwohner in Hannover stammen aus anderen Ländern. Sie leben und arbeiten hier zum Teil schon seit Jahrzehnten und haben eine neue Heimat gefunden. Etliche haben sich inzwischen einbürgern lassen. Hannover will nun mit einer Einbürgerungskampagne noch mehr ausländische MitbürgerInnen zu diesem Schritt bewegen. Denn die Zahl derjenigen, die sich zur deutschen Staatsbürgerschaft entschließen, ist in den vergangenen Jahren gesunken – wenn auch in Hannover weniger stark bundesweit.
"Wir wollen aktiv für die Einbürgerung werben, frühzeitig und umfassend informieren und für ein möglichst zügiges Verfahren sorgen", sagte Oberbürgermeister Stephan Weil heute (Mittwoch) anlässlich einer besonderen Einbürgerungszeremonie, zu der erstmals Gäste aus den Selbstorganisationen von MigrantInnen sowie aus der Integrationsarbeit geladen waren. 24 Männer, Frauen und Kinder aus zehn Ländern erhielten aus den Händen des OB ihre Einbürgerungsurkunde.
"Wir wissen, dass der Verzicht auf die bisherige Staatsbürgerschaft durchaus ein schwieriger Schritt sein kann. Doch erst mit dem deutschen Pass bekommt man die vollständigen staatsbürgerlichen Rechte und damit die umfassende rechtliche und politische Gleichstellung. Und wir wollen, dass möglichst viele Menschen in unserer Stadt dieses Recht auch tatsächlich nutzen können", begründete Weil die Kampagne in einer Pressekonferenz, an der mit dem aus Mali stammenden Aliou Sangaré und Hasan Yilmaz, einem Sohn türkischer "Gastarbeiter", auch zwei Eingebürgerte teilnahmen.
Nach Angaben der für Einbürgerungen zuständigen Bereichsleiterin Hildegard Struchholz ließen sich im vorigen Jahr 1.281 ausländische MitbürgerInnen in Hannover einbürgern. Fünf Jahre zuvor waren es noch 1.607. Im ersten Quartal dieses Jahres war zwar die Zahl der Einbürgerungen mit 407 erneut etwas geringer als im Vorjahr (442). Doch stieg die Zahl der Neuanträge in den ersten drei Monaten gegenüber dem Vorjahr um fast 20 Prozent auf knapp 400. Derzeit leben in Hannover 73.551 BürgerInnen mit ausländischer Staatsangehörigkeit.
Beweggründe für die Einbürgerung
Aliou Sangaré beschreibt seine Beweggründe mit einem afrikanischen Sprichwort: "Der Ort, an dem der liebe Frosch seinen Namen bekommt, wird seine Heimat." Auf Deutsch heißt dies so viel wie, ich habe hier in Deutschland eine Familie gegründet und Freunde gefunden. "So blieb mir nur noch, mein Übriges zu tun – die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen", sagt der 50 Jahre alte selbstständige Kaufmann, der sich 2004 einbürgern ließ. Sangaré ist beratendes Mitglied im Migrationsausschusses des Rates der Landeshauptstadt, gehört auch dem Integrationsrat an und ist Vorsitzender des Vereins Arma e.V.
Hasan Yilmaz, geboren 1971 in Lüneburg, eingeschult in der Türkei, lebt seit 1980 dauerhaft in Deutschland und ist bereits seit 1994 Deutscher. Er sieht in der deutschen Staatsangehörigkeit eine Bereicherung für sich und für die Gesellschaft. Und die Einbürgerung hat für ihn auch ganz pragmatische, rechtliche Vorteile. Yilmaz arbeitet bei der Stadtverwaltung im Fachbereich Sport und Eventmanagement.
Ebenso klar bringt die Sportpädagogin Lalesim Ceylan, die auf einem Plakat an der Einbürgerungskampagne mitwirkt, ihre Beweggründe auf den Punkt mit der schlichten Frage: "Was willst Du mit der Staatsangehörigkeit eines Landes, in dem Du nicht lebst?" Sie wirkt auch in dem Einbürgerungsfilm "Kartoffel werden" mit.
"Kartoffel werden" – Bausteine der Kampagne
Der im Rahmen eines Schülerprojektes produzierte Film veranschaulicht den Weg von der Beratung, über die Antragstellung, den Einbürgerungstest bis hin zur feierlichen Überreichung der Urkunde. Der Ausspruch "Kartoffel werden" ist im Türkischen die umgangssprachliche Bezeichnung für die Übernahme der deutschen Staatsbürgerschaft.
Die Kampagne zielt sowohl direkt auf ausländische MitbürgerInnen als auch auf deren Selbstorganisationen und Verbände sowie alle Institutionen, Einrichtungen und Initiativen aus der Integrationsarbeit. Die Bausteine der Kampagne sind:
- Ein persönliches Schreiben des Oberbürgermeisters an alle ausländischen MitbürgerInnen, die bereits seit vielen Jahren in Hannover leben und für die deshalb eine Einbürgerung denkbar wäre.
- Veranstaltungen und Präsentationen; u.a. beim Integrationsforum (6. Mai, Rathaus), beim Fest der Kulturen und dem Tag der offenen Tür am Pfingstwochenende (11./12. Juni, Trammplatz und Rathaus), beim Türkischen Tag (25. Juni, Rathaus), beim Regionalverbund Hannover (28. Juni).
- Plakate, Info-Flyer.
- Neuer Internet-Auftritt unter www.einbuergerung-hannover.de. Dort sind alle Informationen rund um die Einbürgerung sowie auch der Film "Kartoffel werden" zu finden.
Voraussetzungen und Kosten
Die Einbürgerung ist durch Bundesrecht an Voraussetzungen geknüpft. Die wichtigsten sind:
- Acht Jahre rechtmäßiger Aufenthalt in Deutschland; mit besonderen Integrationsleistungen, wie etwa besondere Sprachkenntnisse, kann die Frist verkürzt werden. Mit einem deutschen Ehegatten verkürzt sich die Frist auf drei Jahre. Erfüllt ein Partner die Voraussetzungen, werden Ehegatten und Kinder auch bei kürzerem Aufenthalt in Deutschland mit eingebürgert.
- Nachweis von deutschen Sprachkenntnissen (mündlich und schriftlich).
- Einbürgerungstest als Nachweis von ausreichenden Kenntnissen über die Politik, Lebensverhältnisse, Rechts- und Gesellschaftsordnung in Deutschland.
- Aufgabe der alten Staatsangehörigkeit; Mehrstaatlichkeit ist zulässig bei EU-Ausländern und Asylberechtigten.
Zügiges Einbürgerungsverfahren angestrebt
Im Zuge der Einbürgerungskampagne sagt die Landeshauptstadt zu, dass eine Einbürgerung nach Antragstellung in der Regel innerhalb von sechs Monaten erfolgt. Gelingt dies nicht, wird über den Stand des Verfahrens informiert. Die Kosten für eine Einbürgerung betragen im Regelfall 255 Euro pro Person. Für Kinder fallen 51 Euro an. Für Bezieher von Arbeitslosengeld oder Grundsicherung kostet die Einbürgerung die Hälfte.