Sozialverband arbeitet Geschehnisse während des Nazi-Regimes auf
Vor 67 Jahren hat der heutige Sozialverband Deutschland (SoVD) in der Herschelstraße 31 in Hannover seine Landesgeschäftsstelle errichtet. Erst viele Jahrzehnte später erfuhr er, dass sich während des nationalsozialistischen Regimes von 1941 bis 1943 ein sogenanntes „Judenhaus“ auf dem Grundstück befand. Im Rahmen einer Veranstaltung am heutigen Mittwoch, 9. Oktober, enthüllten der SoVD-Vorstandsvorsitzende Dirk Swinke und Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay gemeinsam eine Stadttafel zum Gedenken an das ehemalige „Judenhaus“ und seine Bewohner*innen.
Seit mehr als 100 Jahren setzt sich der SoVD für Toleranz, gesellschaftlichen Zusammenhalt und gegen das Vergessen ein. Deshalb war es Niedersachsens größtem Sozialverband besonders wichtig, die Geschichte des „Judenhauses“ in der Herschelstraße aufzuarbeiten. Dort lebten zahlreiche Jüdinnen und Juden, zumeist in „Mischehen“, unter widrigen Bedingungen und waren Kontrolle, Gewalt und Willkür der Gestapo ausgeliefert. In Kooperation mit der Landeshauptstadt Hannover erarbeitete der SoVD eine Stadttafel, die künftig an der Fassade des Hauses an die Bewohner*innen erinnern soll.
„Der Einsatz für Demokratie und Solidarität ist ein wesentlicher Eckpfeiler unseres Verbands – nicht zuletzt, weil einige unserer Gründer in Konzentrationslagern ermordet wurden. Es ist unsere Verantwortung, auf das Schicksal der Opfer des grausamen Nazi-Regimes aufmerksam zu machen und daran zu erinnern. Das tun wir mit der Aufarbeitung der Geschichte des ehemaligen ‚Judenhauses‘“, betonte Dirk Swinke, Vorstandsvorsitzender des SoVD in Niedersachsen, bei der Gedenkveranstaltung.
„Ich danke dem Sozialverband Deutschland, auf dessen Initiative und mit dessen Erlaubnis die Stadttafel an ihrer Landesgeschäftsstelle angebracht werden konnte. Sie ist Teil eines Gesamtkonzepts für die Erinnerung an die sogenannten ‚Judenhäuser‘ in Hannover. Ausgehend von der geplanten städtischen Informationstafel zum ehemaligen ‚Judenhaus‘ in der Lützowstraße sollen künftig Stadttafeln an den Orten der ehemaligen ‚Judenhäuser‘ aufgehängt werden und so die Erinnerung und das Gedenken an die Menschen lebendig halten, die unter der Nazi-Herrschaft zwangsweise in diesen Häusern leben mussten“, sagte Oberbürgermeister Belit Onay.
Im Rahmen der Veranstaltung sprach zudem die Zeitzeugin Ruth Gröne. Sie lebte als Kind bis zur Ausbombung in dem „Judenhaus“ und berichtete eindrucksvoll von den Geschehnissen in der Herschelstraße.
Dort wurden im Rahmen der sogenannten „Aktion Lauterbacher“ im September 1941 hannoversche Jüdinnen und Juden zwangseingewiesen. Mehr als 1.200 jüdische Bürger*innen mussten Anfang September 1941 innerhalb weniger Stunden ihre Wohnungen räumen und wurden gezwungen, in 15 sogenannte „Judenhäuser“ im Stadtgebiet zu ziehen. Das Wohn- und Geschäftshaus Herschelstraße 31, das der jüdischen Familie Klompus gehörte, zählte zu diesen Häusern. Anfang Dezember 1941 lebten etwa 150 jüdische Mieter im überbelegten Haus. Am 15. Dezember 1941 wurden 85 von ihnen nach Riga deportiert, rund 40 mussten in andere „Judenhäuser“ umziehen. Neu hinzu kam eine Gruppe in „Mischehe“ lebender Juden mit ihren Ehefrauen. Bei der Ausbombung des Hauses am 9. Oktober 1943 wohnten hier noch ungefähr 60 Menschen.
Weitere Informationen zum „Judenhaus“ in der Herschelstraße 31 finden sich unter www.hannover.de/judenhaeuser sowie unter www.sovd-nds.de/gedenken.
Bildquellen:
- Enthüllung der Stadttafel in der Herschelstraße 31: Landeshauptstadt Hannover (LHH)