Kalenderblatt, Vahrenwald-List

Freizeitheim Vahrenwald wird wegen Asbestgefahr geschlossen

Die Stadtverwaltung teilt am 30. März 1990 mit, daß das Freizeitheim Vahrenwald wegen Asbestgefahr für längere Zeit geschlossen werden muß. Diese längere Zeit dauerte dann insgesamt 9 Jahre. Eine Geschichte die vielen Hannoveranern nur allzu bekannt vorkommen dürfte. Als Stichworte seinen Misburger Bad und Fössebad genannt, auch das leidige Gerüst an der Bauverwaltung spricht Bände.

Geschichte des Freizeitheim Vahrenwald

Viele Menschen und Geschichten haben diesen Ort mit seiner ganz besonderen Geschichte und Baugeschichte geprägt. Es ist ein Weg großer Visionen und manch widriger Umstände. Es ist eine Geschichte beharrlicher und handfester Träume, der es bis heute immer wieder gelingt, Wirklichkeit zu werden. Mal in ganz kleinen Schritten, mal in großen Sprüngen.

1965 wurde das „erste“ Freizeitheim Vahrenwald eröffnet. Vorausgegangen war ein einstimmiger Beschluss des Rates. Freizeitheim – der Name des Hauses war Programm: In der eleganten Publikation zur Eröffnung schreibt der damalige Kulturdezernent und spätere Stadtdirektor Heinz Lauenroth „Der Mensch hat heute mehr freie Zeit, weil es ihm gelingt, mehr und mehr organisatorische und mechanische Kräfte in seinen Dienst zu stellen.“ Und weiter: „Ihm die Räume und Einrichtungen zu geben, die nun einmal nötig sind, wenn er diese Zeit sinnvoll nutzen und nicht sinnlos vergeuden soll, das ist für die Entwicklung des Einzelnen wie der Gemeinschaft von außerordentlicher Bedeutung.“

In der Eröffnungsbroschüre von damals ist mit zahlreichen Fotos ausgestattet: In sonnenhellen Räumen halten sich gepflegte junge Damen in Stöckelschuhen, Perlonstrümpfen und toupierten Frisuren mit ebenso gepflegten jungen Herren in dunklen Anzügen, weißen Hemden und Krawatten beim nachmittäglichen „Jugendtanz“ auf. Im Erfrischungsraum sitzen ältere Damen in Kostüm und Hut beim Kaffee. An den Nebentischen trinken junge Leute Limo und Cola – Alt und Jung sollten sich begegnen können. „Ein Haus für alle“, das war auch schon der Leitgedanke für den gediegen-modernen Vorgängerbau mit drei Sälen, zwölf Gruppenräumen inklusive einem Fernseh- und einem Leseraum, vier Werkstätten sowie vier Musikstudios. Als die „Scorpions“ noch nicht berühmt waren, probten sie in Vahrenwald!

Die Stadtteilbibliothek Vahrenwald war mit einer Bücherei für Kinder und Erwachsene ebenfalls im Haus. Ursprünglich konzipiert waren die Räume für unterschiedliche Gruppen: Jugendräume, Räume für Erwachsene und Räume für Ältere. Der kommunale Seniorenservice ebenso wie VHS und Musikschule waren auch damals schon mit vielen Angeboten vertreten.

Vor gut 25 Jahren wurden Vorbereitungen für das damalige 25-jährige Jubiläum des Freizeitheims getroffen. Das Haus sollte in Teilen modernisiert und veränderten Nutzungsansprüchen gerecht werden. So war zum Beispiel auch geplant, den Eingangsbereich umzubauen und einen barrierefreien Aufzug einzubauen.

Das Jubiläum musste jedoch abgesagt werden und statt die Türen in einem modernisierten Gebäude zu öffnen, wurde das Haus im Mai 1990 für die Öffentlichkeit geschlossen. Bei ersten baulichen Untersuchungen für den Umbau wurden umfangreiche Mängel festgestellt. Die Sanierung dauerte über zwei Jahre und kostete mehr als erwartet, sodass die Mittel für einen Rück- und Wiederaufbau fehlten. Über viele Jahre mahnte eine Ruine an der Vahrenwalder Str. 92 und immer wieder forderten die Vahrenwalder BürgerInnen einen Wiederaufbau „ihres Freizeitheims“.

Stadtteilkulturarbeit fand in dieser Zeit „mobil“ statt, zehn Jahre lang von einem Büro in der Grundschule Alemannstraße aus mit unterschiedlichen Projekten. Das war manchmal anstrengend, aber es eröffnete auch Wege für Experimente und neue Konzepte.

Ein Wiederaufbau wurde erst Ende der 90er Jahre möglich. Konzeptionell wurde das Motto „Alles unter einem Dach“ erweitert und ergänzt um eine Kindertagesstätte, die seit einigen Jahren auch Familienzentrum ist. Neben einer grundlegenden baulichen Umgestaltung wurde auch an einem gemeinsamen Konzept gearbeitet. Das Leitmotiv „Alle in einem Boot!“

Der Umbau, der eher ein Neubau war, wurde von der städtischen Architektin Gudrun Brauch geplant. Sie entwarf auf den alten Fundamenten ein helles, dynamisches Gebäude, das sich transparent, lichtdurchflutet, großzügig und offen für die unterschiedlichsten Aktivitäten präsentiert.

Nach der Wiedereröffnung 1999 ging dieses Haus buchstäblich auf große Fahrt: Überregional begehrter Tagungsort, ein Haus für Bildung, Kultur, Gedankenaustausch, nachbarschaftliche Begegnungen, Ort für kreative Aktivitäten, Integration, Partizipation und immer wieder neue Möglichkeiten. In den letzten Jahren gründete sich eine Elterninitiative für eine Hortgruppe, die hier ebenfalls eine Heimat fand beziehungsweise an Bord genommen wurde. Im unteren Foyer lädt die Lernoase zu neuen Lernformen ein.

Vahrenwald entwickelte sich in den 90ern mehr denn je zu einem Stadtteil des Ankommens. Menschen aus über 100 Nationen leben im Stadtteil. Viele von ihnen finden den Weg ins Freizeitheim, nutzen die Angebote, führen Veranstaltungen und Projekte durch und beteiligen sich bei gemeinsamen Aktivitäten.

Bewegung und Öffnung wird auch spürbar in der städtebaulichen Einbindung des Hauses. Der 1989 angelegte Vahrenwalder Park verbindet das Haus mit den umgebenden Straßen und den historischen Gebäuden an der Dragonerstraße. Die beliebte Grünfläche lädt zu Sport, Picknick, Spaziergang, zu Laternen- Stadtteil- und Sommerfesten ein.

Bildquellen:

  • Freizeitheim Vahrenwald: www.hannover-entdecken.de
  • Kalenderblatt: www.hannover-entdecken.de