Das Gemälde „Wicken und Rosen (Erbsenblüten)“ von Lovis Corinth ist durch Ankauf aus der Sammlung Conrad Doebbeke seit 1949 im Eigentum der Landeshauptstadt Hannover. Seit 2008 wird wegen einer NS-Verlust-Vermutung zur Provenienz geforscht. Ein Anspruch auf Restitution wird von den Rechtsnachfolgern der Familie Dr. Max Levy geltend gemacht.
„Wir planen den Fall entweder an die aktuell noch zuständige Beratende Kommission, eine neutrale Institution auf Bundesebene, die in solchen Fällen rechtssicher entscheidet, oder an das Schiedsgericht, welches diese Kommission ablösen soll, abzugeben, da es keine abschließende Klärung gibt, ob, aber vor allem an wen eine Restitution stattfinden kann und soll. Weil noch nicht feststeht, wann das Schiedsgericht seine Arbeit aufnehmen wird, überlassen wir diese Entscheidung der Familie Levy“, erläuterte Eva Bender, Dezernentin für Bildung und Kultur der Landeshauptstadt Hannover, in der heutigen Sitzung des Kulturausschusses.In den umfangreich untersuchten historischen Akten hat die städtische Provenienzforschung keinen Beweis gefunden, dass das Bild nach 1933 der Familie Levy gehörte. „Der Name Levy wurde zwar durch Manuskriptkarten identifiziert und vermutlich ist damit ein früherer Besitz verbunden, allerdings ergab sich dadurch kein Eigentumsbeleg für die Zeit nach 1933 und somit auch kein Verlustbeleg“, so Bender weiter.
„Stattdessen gibt es neuere Hinweise, dass das Bild in dieser Zeit im Eigentum des Galeristen Justin Thannhauser gewesen ist und er der Geschädigte sein könnte. Thannhauser war jüdisch und verfolgt und musste emigrieren. Es spricht viel dafür, dass er einen verfolgungsbedingten Verlust erlitten hat. Es kann also ein Fall der Restitution an die Rechtsnachfolger Thannhausers vorliegen“, ergänzte Dr. Annette Baumann, städtische Provenienzforscherin. Dieser Aspekt würde dann auch Teil der Untersuchung durch die neutrale Institution.
Die aktuellen Herausforderungen der Provenienzforschung sollen unter anderen auch am Beispiel der Sammlung Conrad Doebbeke im Rahmen einer Veranstaltung im April – rund um den vom Arbeitskreis Provenienzforschung e.V. ins Leben gerufenen und bundesweit beworbenen Tag der Provenienzforschung am 9. April 2025 – näher erläutert werden. Grundlage für die Diskussion dieses Beispiels wird die Ende Februar erscheinende Publikation von Dr. Annette Baumann sein.
Die Landeshauptstadt Hannover hat in den vergangenen Jahren mehrfach Kunstgut, welches während der Zeit des Nationalsozialismus unrechtmäßig erlangt wurde und später in die öffentlichen Sammlungen gelangt ist, restituiert. Beispiele hierfür sind:
- 2024 Modigliani (Umkreis?) Tête de femme, Gemälde, an die Erben nach Michel Georges Michel, Frankreich
- 2024, Frühkorinthische Oinochoe (Platschkanne), Hellenische Republik, Kultur- und Sportministerium, Generaldirektion des antiken und kulturellen Erbes
- 2022 Klara Berliner, Rokoko-Schrank und Gobelinstickerei, an die Erb*innengemeinschaft Klara Berliner und den Manfred Berliner Trust, Berkeley, CA
- 2017 Karl Schmidt-Rottluff, Marschlandschaft mit rotem Windrad, an die Erbengemeinschaft nach Max Rüdenberg
- 2007 Lovis Corinth, Römische Campagna, an die Erben nach Curt Glaser
- 1999 Lovis Corinth, Walchensee, an die Erben nach Gustav Kirstein
Mehr Informationen zur Provenienzforschung der Landeshauptstadt Hannover gibt es online unter folgendem Link: https://www.hannover.de/Kultur-Freizeit/Museen-Ausstellungen/Provenienzforschung-der-Landeshauptstadt-Hannover. Seit 2008 hat Hannover eine Stelle für Provenienzforschung eingerichtet, seit 2016 sind zwei Stellen im Haushalt verankert.
Bildquellen:
- Stadt Hannover: Stadt Hannover