Senioren

Wohnen für Hilfe – erste Wohnpartnerschaft in Hannover geschlossen

Seit wenigen Tagen gibt es in Hannover die erste Wohnpartnerschaft zwischen einer Seniorin und einem Studenten. Sie ist entstanden im Rahmen des Projektes "Wohnen für Hilfe", das in der Landeshauptstadt mit dem laufenden Wintersemester gestartet ist und vom Kommunalen Seniorenservice Hannover (KSH) und dem Studentenwerk Hannover begleitet wird.

pdf Infoflyer: Wohnen für Hilfe (pdf)

Ingrid Kielhorn Abteilungsleiterin Wohnen des Studentenwerks, und Wolfgang Strotmann, Fachbereichsleiter Senioren der Stadt, haben heute (17. Januar) das Projekt und die erste Wohnpartnerschaft in Anwesenheit der Beteiligten vorgestellt und hoffen, dass das Beispiel Schule macht.

"Wir freuen uns sehr, dass sich jetzt die erste generationsverbindende Partnerschaft zusammengefunden hat. Und wir wünschen uns, dass sich viele Seniorinnen oder Senioren von dem Beispiel anregen lassen und ein Zimmer an eine Studentin oder einen Studenten abtreten. Denn davon profitieren beide Seiten: Die Älteren, die in einer vielleicht zu groß gewordenen Wohnung Gesellschaft und kostenneutrale Hilfestellung und damit Unterstützung für ein selbstbestimmtes Leben in der gewohnten Umgebung bekommen. Und die Jungen, die gegen alltägliches ehrenamtli-ches Engagement trotz des angespannten Wohnungsmarktes eine preiswerte Unterkunft erhalten", unterstreicht Strotmann.

Um kostengünstig wohnen und leben zu können, erledigen die Studierenden Dienst- oder Hilfsleistungen für die SeniorInnen. "Wichtig dabei ist, dass sich die angehenden Vertragspartner von Anfang an klar über ihre jeweiligen Erwartungen verständigen", betont Kielhorn. Als Richtschnur gilt, dass pro Quadratmeter Wohnfläche im Monat eine Stunde an Unterstützung und Hilfe zu leisten ist. Nebenkosten und Kosten für Wasser, Heizung und Strom sind vom Studierenden selbst zu tragen.

Folgende Tätigkeitsfelder sind vorstellbar:

  • Hilfe im Haushalt
  • Erledigung von Einkäufen und Besorgungen
  • Gartenarbeit
  • Begleitung zu Behörden, Ärzten und kulturellen Unternehmungen usw.
  • Pflege und Ausführen von Haustieren 
  • Kleinere Reparaturen und kleinere Renovierungsarbeiten

Ausdrücklich ausgeschlossen sind pflegerische Tätigkeiten. Diese werden im Rahmen des Projekts nicht geleistet.

Voraussetzung ist, dass die Studierenden nicht nur am mietfreien Wohnen, sondern auch am Kontakt zur älteren Generation interessiert sind und auf Vorerfahrungen in einem freiwilligen Engagement für ältere Menschen zurückblicken können. Und sie müssen trotz Studium die vereinbarten Hilfeleistungen erbringen können.

Von den älteren Menschen wird erwartet, dass sie bereit und offen sind, sich auf die junge Generation einzulassen. Sie müssen einen abschließbaren Wohnraum von mindestens zehn Quadratmetern Größe (kein Kellerraum, kein Speicher) zur Verfügung stellen, gegebenenfalls ein separates Bad und/oder Küche, grundsätzlich aber Küchen- und Badbenutzung garantieren. Internetanschluss oder WLAN wären wünschenswert.

"Die KollegInnen vom KSH begleiten die Findungsphase der Wohnpartnerinnen und -partner ganz eng und stehen auch im Verlauf der Partnerschaft für Rückfragen stets zur Verfügung", versichert Strotmann. "Damit unterstützen wir das positive Miteinander – und wollen die Vorbehalte oder Ängste vor allem der Älteren vor diesem 'Wagnis' abbauen. Außerdem stützen sich beide Parteien auf genaue Absprachen und gehen die Partnerschaft erst nach einer gründlichen Bedenkzeit ein"

Das Verfahren

Interessierte Studierende wenden sich mit einem ausführlichen Bewerbungsbogen beim Studentenwerk. Der KSH berät dann die BewerberInnen in einem persönlichen Gespräch und klärt alle wichtigen Fragen anhand einer Checkliste. Interessierte SeniorInnen, die Wohnraum zur Verfügung stellen wollen, werden zu Hause ebenfalls anhand einer Checkliste beraten, der Wohnraum wird auf Eignung geprüft.

Potentiell geeignete WohnraumpartnerInnen werden dann unter Moderation des KSH in Kontakt gebracht. Der Wohnraumüberlassungsvertrag, den beide Seiten abschließen sollten, wird genau erläutert. Nach dreitägiger Bedenkzeit melden sich die Beteiligten beim KSH. Einen Monat nach Beginn der Wohnpartnerschaft erkundigt sich der KSH bei den WohnpartnerInnen nach ihrer Zufriedenheit. Darüber hinaus steht der KSH bei Problemen jederzeit zur Verfügung.

Impuls für das Projekt

Der Impuls für das Projekt in Hannover ist vom Arbeitskreis "Wohnen im Alter" ausgegangen. Das Gremium wird vom KSH moderiert und ist mit VertreterInnen aus der Bauwirtschaft, den Wohnungsgenossenschaften, den Wohlfahrtsverbänden, dem Seniorenbeirat und anderen relevanten Akteuren besetzt und versteht sich als Austauschplattform von und Diskussionsforum für ExpertInnen im Bereich Wohnen im Alter.

Erfahrungen aus anderen Städten

"Wohnen für Hilfe" gibt es an mehr als 20 Orten in der Bundesrepublik (siehe dazu im Internet www.wohnenfuerhilfe.info). Die ältesten Projekte wurden vor elf Jahren in Darmstadt, München und Freiburg initiiert. Es gibt unterschiedliche Träger: Kommunen, Wohlfahrtsverbände, Studentenwerke oder Kooperationen.

Auch die Wohnpartnerschaften variieren, sei es zwischen SeniorInnen und Studierenden oder anderen Auszubildenden oder zwischen jungen Familien und Studierenden. Immer überlassen die WohnraumgeberInnen jungen Menschen Wohnraum mietfrei und erhalten im Gegenzug Hilfeleistungen, die zwischen den PartnerInnen ausgehandelt werden.

Aus allen Projekten ist bekannt, dass es einen "längeren Atem" braucht, bis sich Erfolg einstellt. Dabei ist es in der Regel einfacher, junge Menschen für die Idee zu gewinnen als interessierte SeniorInnen zu finden.

Die Anzahl der jährlich gestifteten Wohnpartnerschaften schwankt je nach Konzept und Ressourcen für die Vermittlung erheblich. Sie reicht von drei (Düsseldorf) bis 106 (Freiburg), der Mittelwert liegt bei 15 bis 20 gestifteten Wohnpartnerschaften im Jahr.

Die Fluktuation ist relativ niedrig, weil sich alle Projekte darum bemühen, geeignete Partnerschaften zusammenzuführen. In fast allen Projekten wird auch eine Begleitstruktur angeboten. Eine Wohnpartnerschaft läuft in der Regel etwa zwei Jahre.

Pressemiteilung: Stadt Hannover