Kunst & Kultur

575 Jahre jung: Das erfolgreichste Jahr in der Geschichte der Stadtbibliothek Hannover

Das Jubiläumsjahr 2015 geht für die Stadtbibliothek Hannover als das erfolgreichste in die Annalen ein.

Entleihungen, Besuche, neue KundInnen

Die Zahl der Entleihungen stieg gegenüber dem Vorjahr um 4,9 Prozent auf 4.266.475. Dabei fallen 24 Prozent der Entleihungen auf Sachbücher für Erwachsene, zwölf Prozent auf Belletristik für Erwachsene, 14 Prozent auf Hörbücher, 21 Prozent auf Kinder- und Jugendbücher, 25 Prozent auf audio-visuelle Medien (für alle Altersgruppen) und vier Prozent auf elektronische Medien (E-Books, E-Zeitschriften usw.).

Mit 1.552.967 Besuchen ist die Bibliothek sogar Spitzenreiterin im Kreise der hannoverschen Kultureinrichtungen und konnte sich 2015 sogar noch um fast ein Prozent steigern. Die Zahl belegt, dass das Angebot der 19 Einrichtungen der Stadtbibliothek auch in Zeiten des überall verfügbaren Internets attraktiv ist.

Mit 13.700 Neuanmeldungen konnte die Bibliothek ungewöhnlich viele neue KundInnen in einem Jahr gewinnen.

Kita-Gruppen und Schulklassen, Leseförderung

Viele Kitas und Schulen besuchen in den regulären Öffnungszeiten die Bibliotheken. Gefragt sind aber auch Bibliothekserkundungen und das Arbeiten in die Bibliothek außerhalb dieser „normalen“ Zeiten. Die große Nachfrage bringt die Bibliotheken an Kapazitätsgrenzen. Neben den betreuten 2.500 Bibliotheksbesuchen von Kita-Gruppen und Schulklassen und zum Unterricht in der Bibliothek ist die zentrale Jugendbuchwoche eine wichtige Säule, um Schulkinder und Eltern gleichermaßen zu erreichen. Jeden Herbst erschaffen die BibliothekarInnen im Künstlerhaus eine neue thematische Bücherwelt, die dann auf Reisen geht. Sie wurde in den Folgemonaten von der Stadtbibliothek in 26 verschiedenen Schulen vorgestellt und bietet so Eltern, Lehrern und mehr als 10.000 Kindern die Möglichkeit, sich über neue Buchtitel zu informieren.

Da es wichtig ist, gerade Eltern aller LeseanfängerInnen anzusprechen und sie mit den Angeboten der Stadtbibliothek Hannover vertraut zu machen, erhalten alle SchülerInnen der ersten Klassen ein von Ingo Siegner verfasstes Erstlesebuch, das nicht nur zum Lesen animieren soll, sondern auch Informationen zur Stadtbibliothek beinhaltet.

Als Sommer-Leseclub hat sich „Julius“ etabliert: „Jugend liest und schreibt“ heißt es während der großen Ferien für die elf- bis 15-Jährigen. Exklusiv ausgewählte Bücher laden zum Lesen ein und können von den Jugendlichen besprochen werden. Fast 800 Jugendliche haben sich 2015 angemeldet und mehr als 3.600 Bücher gelesen. Bei altersgerechten Clubtreffen (auch) außerhalb der Bibliothek (bei der HAZ, im h1- Fernsehstudio, beim Late Night Gaming) können die TeilnehmerInnen neue Orte kennenlernen und Gleichgesinnte treffen.

Mit neuer Kindersoftware setzte sich eine 22-köpfige Kinderjury auseinander. Ihre Bewertungen flossen ein in die auf der Frankfurter Buchmesse vergebene Auszeichnung für empfehlenswerte Kindersoftware: TOMMI, der Deutsche Kindersoftwarepreis.

Doch Leseförderung beginnt schon früher: Mit mehr als 3.500 TeilnehmerInnen im Jahr hat sich das Programm „Babys in der Bibliothek“ etabliert, das in allen Stadtteilbibliotheken angeboten wird. Dazu kommt einmal im Jahr der Bilderbuch-Sonntag. Und auch das beliebte Bilderbuchkino, das jede Stadtteilbibliothek regelmäßig nachmittags anbietet, verzeichnete mehr als 28.000 Besuche. Zum nationalen Vorlesetag und als Botschafterin der Aktion Lesestart der Mainzer Stiftung Lesen hat im November Edelgard Bulmahn, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, in der Stadtbibliothek Linden gelesen.

Neue Herausforderungen

Die steigenden Flüchtlings- und Migrantenzahlen spiegeln sich auch in der Bibliothek wider: Einerseits ist die Nachfrage nach Medien, die das Deutschlernen unterstützen, stark angestiegen. Bildwörterbücher oder die deutsche Grammatik zählen beispielsweise zu den Ausleihrennern der zentralen Stadtbibliothek. Anderseits haben sich viele Flüchtlinge – oft animiert und unterstützt von Ehrenamtlichen – als BibliotheksnutzerInnen angemeldet und besuchen die Einrichtungen zur Informationsrecherche und zum ruhigen Arbeiten. Zusätzlich zu dem seit Jahren in der Oststadtbibliothek etablierten Gesprächskreis zum Vertiefen der Deutschkenntnisse, bietet seit dem Winter auch der Verein der Freunde der Stadtbibliothek einen Gesprächskreis in der Zentralbibliothek.

575 Jahre Stadtbibliothek

Das 575-jährige Bibliotheksjubiläum bot nicht nur Anlass, in die abwechslungsreiche Geschichte zu schauen, sondern auch die Kontakte mit Kooperationspartnern und Freunden zu intensivieren. Die „Freunde der Stadtbibliothek e.V.“ haben zum Jubiläum ein von Michael Krische geschriebenes Buch zur Geschichte der Stadtbibliothek ermöglicht, das erstmals einen Gesamtüberblick über 575 Jahre Stadtbibliothek Hannover bietet. Dazu kamen Ausstellungen und Buchpräsentationen in Buchhandlungen und in der Zentralbibliothek, unter anderem von Handschriften aus der Gründungszeit der Bibliothek. Die Reihe „Stadtbibliothek aufgeschlossen“ sollte ursprünglich auf das Jubiläum vorbereiten, wurde aber auf Wunsch des Publikums im Spätsommer 2015 wieder aufgenommen und zusammen mit dem Verein der „Freunde der Stadtbibliothek Hannover e.V.“ weiterhin am ersten Montag jedes Monats durchgeführt.

Mit einem abwechslungsreichen Veranstaltungsprogramm wurden die HannoveranerInnen eingeladen, die Bibliothek wieder oder neu kennenzulernen. Jeder 575. Neukunde wurde angeschrieben und erhielt ein Geschenk. Zahlreiche Menschen haben geschrieben, warum ihnen die Stadtbibliothek wichtig ist. So schreib zum Beispiel die Künstlerin Ulrike Enders: „Die Stadtbibliothek bietet einen riesigen Vorrat an außergewöhnlichen Erlebnissen und Gedanken.“ Und Tina Voß: „Die Stadtbibliothek ist für mich ein wichtiger Ort, um Menschen aus allen Schichten Bildung und Unterhaltung nahe zu bringen.“ Und der Nord-LB-Chef Gunter Dunkel: „Die Stadtbibliothek in Hannover ist sowohl das Fundament als auch eine wertvolle Ergänzung des kulturellen Angebots unserer Stadt. Hier treffen sich Menschen aus den verschiedensten Lebensbereichen, um in Büchern das zu finden, wonach sie suchen: Information, Unterhaltung, Erbauung und eine Erweiterung des Horizonts.“ Und der Kinderbuchautor Ingo Siegner reimt holprig: „Ach, wenn die Bibliothek nicht wär, – wär die Welt viel kälterer.“ Das Abschlussfest des Jubiläums wurde am 24. Oktober, dem nationalen Tag der Bibliotheken, in allen Stadtteilbibliotheken gefeiert.

50-jährige Jubiläen haben in 2015 die Stadtteilbibliotheken Ricklingen und Vahrenwald gefeiert.

Angebote in den Stadtbibliotheken

In allen Einrichtungen der Stadtbibliothek gibt es ruhige Lese- und Arbeitsplätze, die allein oder von kleinen Gruppen genutzt werden können. Immer mehr SchülerInnen treffen sich zum gemeinsamen Lernen und Arbeiten in den Bibliotheken, denn dort stehen Medien zum Lesen, Hören, Sehen, Nachschlagen und Recherchieren bereit. 2015 konnte ein Teil der Einrichtung in der Stadtteilbibliothek Vahrenwald erneuert und damit die Aufenthaltsqualität deutlich erhöht werden.

Als kulturelle Zentren in der Stadt haben die Stadtteilbibliotheken einen Schwerpunkt im Bereich der Kinderkultur: Allein 938 Veranstaltungen für Kinder wurden in den Bibliotheken angeboten – vom Bilderbuchkino über Autorenlesungen oder Kindertheateraufführungen.

Ausleihrenner 2015

Hohe Ausleihzahlen erzielen die Fächer Medizin, Psychologie, Sprache (hier vor allem Deutsch als Fremdsprache) und die Spielfilme. Themen, die in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert werden, werden in der Bibliothek ebenfalls stark nachgefragt, das sind zum Beispiel Flüchtlinge, in Deutschland und die Situation in Europa, Terrorismus, Pegida, vegane Ernährung und Superfood sowie die kritische Edition von „Mein Kampf“.

Erwachsene Belletristik

Hape Kerkeling: „Der Junge muss an die Luft“

Jojo Moyes: „Ein ganz neues Leben“

Michel Houellebecq: „Unterwerfung“

Dörte Hansen: „Altes Land“

Erwachsene Sachliteratur

Peter Wohlleben: „Das geheime Leben der Bäume“

Kinder Belletristik

3 x Jeff Kinney: Ich war’s nicht! Keine Panik! und Gibt’s Probleme?

Kinder Sachliteratur

Entdecke Musik aus aller Welt und Komm mit auf die Baustelle (beide Titel mit Tiptoi-Hörstift)

Filme

Jede Stadtteilbibliothek hat sehr unterschiedliche Ausleihrenner. In einigen der Bibliotheken liegen Serien vorn wie beispielsweise „homeland“ oder „Tatortreiniger“. Bei anderen Spielfilme wie „Ziemlich beste Freunde“, „Fack ju Göhte“ oder „Ich, einfach unverbesserlich“, während in der nächsten die Kinderfilme „Die drei ???“ oder „Shaun, das Schaf“ dominieren.

Zeitschriften

Zeitschriften, die informieren und harte Fakten liefern, sind die einen Gewinner der Hitliste, also „Test“ und „Ökotest“ und Wirtschaftszeitschriften, die Geldanlage und Rente thematisieren. Lifestyle und Spiritualität sind die neuen Lieblinge des Publikums mit Titeln wie „Living at home“, „Landlust“, „Mollie makes“ (Selbermachen, up-Cycling), „happinez“, „Welt der Spiritualität“ und „Yoga aktuell“.

Internationale Medien und mehrsprachige Angebote

Die Internationale Bibliothek in der Oststadtbibliothek spiegelt die kulturelle Vielfalt der Stadt Hannover wider. Das Angebot umfasst etwa 12.000 Kinder- und Erwachsenenmedien in elf Sprachen. Neben den Sprachen Englisch und Französisch stehen unter anderem auch Bestände in Arabisch, Persisch, Russisch oder Spanisch zur Verfügung. Über ein gutes Angebot fremdsprachlicher Literatur verfügt auch die Zentralbibliothek in der Hildesheimer Straße 12. An zwei PCs kann mit LibraryPress Display eine Datenbank eingesehen werden, die 4.000 Zeitungen und Zeitschriften in 50 Sprachen liefert.

In den Stadtteilbibliotheken finden regelmäßig mehrsprachige Bilderbuchkinos statt, die die ganz jungen LeserInnen aus Migrantenfamilien, aber auch deutsche Kinder begeistern. Regelmäßig wird auf Englisch, Französisch, Spanisch, Türkisch oder Persisch vorgelesen.

Erstinformationen über die Angebote der Stadtbibliothek in anderen Sprachen werden neu aufgelegt, um den ehrenamtlichen HelferInnen und den Flüchtlingen den Einstieg in die Bibliothekswelt zu erleichtern. Englisch und Französisch liegen vor, arabisch wird die nächste Ausgabe sein.

Neue Medienangebote

In fast allen Einrichtungen können seit 2015 WLAN-Zugänge angeboten werden, was Lernende und Flüchtlinge intensiv nutzen. Für Sprachinteressierte gibt es einen zusätzlichen (den dritten) E-Book-Anbieter mit fremdsprachiger (überwiegend englischer) Literatur. Neu ist auch die Möglichkeit, Musik über einen Streaming-Dienst „auszuleihen“. Damit hat die Stadtbibliothek Hannover ihr täglich 24-Stunden lang zugängliches elektronisches Angebot um zwei wichtige Bausteine erweitert.

Ausblick 2016

2015 hat sich die Stadtbibliothek nicht nur mit ihrer Geschichte beschäftigt, sondern auch intensiv über die Aufgaben der Zukunft diskutiert. Im Projekt Weiterentwicklung Stadtbibliothek geht es beispielswiese um Fragen des Medienwandels, neue Angebote oder um geändertes Publikumsverhalten. Diese Diskussion soll 2016 in erste Vorschläge münden und der Öffentlichkeit vorgestellt werden.

Ende des Jahres soll der Neubau des Stadtteilzentrums Mühlenberg bezogen werden. Die Stadtteil- und Schulbibliothek Mühlenberg, die seit April 2015 übergangsweise deutlich verkleinert in Containern untergebracht ist, wird dort in neuen Räumen und mit neuer Einrichtung wieder eröffnet.

Außerdem steht die Anschaffung eines neuen Fahrzeuges für die Fahrbibliothek bevor.

Bibliotheksjubiläen: Zur Jahresmitte feiert die Stadtteilbibliothek Misburg ihr 90-jähriges Bestehen, die Stadtteilbibliothek im Schulzentrum Badenstedt wird 25 Jahre und Herrenhausen kann im Dezember das 50. Jubiläum begehen.

Zum Leibniz-Jahr 2016 hat die Stadtbibliothek Hannover das Literaturverzeichnis „Leibniz erlesen“ herausgegeben und zeigt noch bis zum 27. Februar in der Hildesheimer Str. 12 eine Buchpräsentation mit Werken von und über Leibniz. „Leibniz für Kinder“ heißt es dann in einer Lesung für Zehn- bis Zwölfjährige, die in drei Stadtteilbibliotheken stattfinden wird. Für die Erwachsenen gibt es am 6. Juni die seltene Gelegenheit, im Rahmen der Reihe „Stadtbibliothek aufgeschlossen“ einen hannoverschen Leibniz-Erstdruck zu betrachten. Die drei Bände (1707-1711) beinhalten wichtige Quellen zur Geschichte Niedersachsens und des Welfenhauses vom Altertum bis zum Mittelalter, die Leibniz zusammengetragen hat.

Quelle: Pressemitteilung der Stadt Hannover / Veröffentlicht auf www.hannover-entdecken.de